CH.FILM

Canción sin nombre Peru, Spanien, Schweiz, USA 2019 – 97min.

Filmkritik

Ein Baby verschwindet

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Peru Ende der Achtzigerjahre. Nach dem Ende der Militärdiktatur 1980 gibt es Aufstände, Proteste, Gewaltaktionen. Georgia, eine junge Frau aus den Anden, gebärt in einer dubiosen Klinik. Ihr Baby verschwindet. Filmautorin Melina León beschreibt das Elend einer mittellosen Frau in einer unsicheren Zeit und skizziert einen dubiosen Staatsapparat – in schwarzweissen Bildern.

In Tänzen, in Liedern (ohne Namen) drücken sich Schmerz, Elend und Hoffnungen aus. Schmerzhaft sehnt sich Georgina (Pamea Mendoza) nach ihrem Baby, das ihr abhanden gekommen ist. «Schlaf, Kindchen, schlaf… » singt sie. Die junge Frau (20) aus den Anden vertraute sich einer Geburtsklinik in Lima an, die schwangeren Frau kostenlos zu helfen verspricht. Die Geburt eines Mädchens verläuft ohne Komplikationen, doch dann bekommt die junge Mutter Georgina ihr Baby nicht mehr zu Gesicht. Es verschwindet.

Verzweifelt sucht sie Hilfe bei den Behörden, bei der Polizei und stösst auf eine Mauer von Desinteresse, Gleichgültigkeit und Ignoranz. Pedro Campos (Tommy Párrago), Reporter der Zeitung «La Reforma», erhält den Auftrag, der Sache nachzugehen, und beginnt zu recherchieren. Bald wird klar, dass hinter der Baby-Entführung System steckt. Babys werden verkauft, verschwinden und an adoptivwillige Paare ins Ausland geliefert. Am Ende ist Georgina auf sich allein gestellt, ihr Mann Leo ist in ein Attentat verwickelt, Pedro fürchtet sich, resigniert und schottet sich ab.

In dunklen Szenen, die an japanische Filme oder Werke Ingmar Bergmans erinnern, zeichnet Melina León, Regie und Buch zusammen mit Michael J. White, ein düsteres Bild einer dubiosen, desolaten Gesellschaft, eingefangen von Kameramann Inti Briones. In einer trostlosen Landschaft, wie von einem Schleier überzogen, ziehen Georgina, die auf dem Markt Kartoffeln verkauft, und León, der Gelegenheitsarbeiten nachgeht, ihre Bahn. Ein armseliges hoffnungsloses Leben.

Die gesellschaftliche und politische Krise Perus bestimmt auch das Schicksal Georginas. Sie gerät in die Mühlen des Menschen(Baby-)Handels, der vom Staat nicht unterbunden wird. Das Drama «Lied ohne Namen» (Canción sin nombre) schildert nicht nur Leid und Verlorenheit einer bestohlenen Mutter, sondern auch das Drama des Quechua-Volkes, das sich in Tänzen und Liedern ausdrückt. Konsequent in Schwarzweiss gedreht, bewegt sich der Film, basierend auf tatsächlichen Begebenheiten, jenseits bunter südamerikanischer Folklore. Ein aussergewöhnliches, schmerzhaftes Bilderwerk aus Peru.

03.07.2020

4.5

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Kommentare

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thomasmarkus

vor 3 Jahren

So wahr, so traurig.


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