Die grüne Lüge Österreich 2018 – 97min.

Filmkritik

Hoffentlich nachhaltig

Irina Blum
Filmkritik: Irina Blum

Fair und ökologisch produziertes Palmöl, energiesparende Elektroautos, grünes Benzin: Alles nur eine Lüge. Nach Bergen von Plastik in Plastic Planet geht der österreichische Filmemacher Werner Boote nun dem Phänomen des Greenwashings auf den Grund.

Dass wir es in Die grüne Lüge mit einigen unbequemen Fakten zu tun bekommen, deutet schon eine der ersten Szenen an: Filmemacher Werner Boote streift durch den Supermarkt, wirft Fertigpizza, Süssigkeiten und Chips in den Einkaufswagen – worauf ihn seine Begleitung, die Journalistin Kathrin Hartmann, tadelt: Überall Palmöl drin, das für die Abholzung der Regenwälder und das Gorillasterben verantwortlich ist – obwohl viele Firmen ihr Palmöl als „nachhaltig“ zertifizieren. Gemeinsam mit Hartmann macht sich Werner Boote deshalb auf eine Reise um die Welt, um dem Phänomen des Greenwashings auf den Grund zu gehen: Wenn Firmen ihre Produkte zu Unrecht als fair, ökologisch oder eben nachhaltig deklarieren und Öko-Labels rein dazu dienen, den Konsumenten ein gutes Gewissen zu verschaffen. Oder umgekehrt: Um sich als Konsument kein schlechtes Gewissen machen zu müssen.

Von einem Umweltaktivisten in Indonesien, der gegen Palmölindustrie ankämpft („Palmölproduktion ist Neo-Kolonialismus“) über einen amerikanischen Unternehmer, der nach der Ölverschmutzung durch Deepwater Horizon Shrimps mit schwarz-ölverschmutzten Kiemen fischt, hin zu einer Vertreterin der indogenen Bevölkerung in Brasilien, die das für die Rinderzucht genutzte Land ihrer Landsleute zurückgewinnen will: Der Zuschauer begeht in der Doku eine wahrliche Tour de Monde mit interessanten Einsichten, anhand derer das Konzept des Greenwashings verdeutlicht werden soll. Obwohl die dahinterstehenden Argumente nicht alle neu sind, vergehen die rund 90 Minuten überraschend schnell. Wohl auch, weil sich Boote und Hartmann im Sinne von „Good Cop, Bad Cop“ oft Schlagabtäusche liefern, welche die Rolle von uns Konsumenten in der ganzen Maschinerie hinterfragen, oder die beiden beinahe plump bei Nachhaltigkeits-Veranstaltungen naiv-unbequeme Fragen an die Wirtschaftsvertreter richten.

Dass Die grüne Lüge dabei eine immer ideologischere Richtung einschlägt, stört weniger als die etwas allzu einfache beziehungsweise fast schon utopische Message, die der Film propagiert. Als Zuschauer wurde man zwar während eineinhalb Stunden mit aufschlussreichen Tatsachen beschossen, schlussendlich sitzt man aber wohl genauso ratlos und hilflos wie zu Beginn da: Was man als Einzelperson für Nachhaltigkeit tun kann, bleibt aussen vor. Ganz passend beschreibt es Boote selbst im Film: „Wir befinden uns in einer Zuckerwatte des Konsums“. Vielleicht ist es aber auch gar nicht erst das Ziel dieses Films, den Durchblick zu verschaffen: Die Bilder von Hektaren von kürzlich abgebranntem Urwald, Unmengen an verklumpten Ölresten am Strand oder emotionalen Protestaktionen rund um die Welt gehen nicht spurlos an einem vorbei – und regen damit auf jeden Fall auf breiter Ebene zum Nachdenken und somit zur Bewusstseinsbildung an. Hoffentlich nachhaltig!

20.02.2024

4

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Kommentare

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Daniel

vor 5 Jahren

Es ist zynisch, den KonsumentInnen die Entscheidung für oder gegen Ausbeutung und Zerstörung zu überlassen. Die Frage ist nicht: Was sollen wir einkaufen? Die entscheidende Frage ist viel mehr: Warum dürfen Unternehmen überhaupt ohne Rücksicht auf die Nachhaltigkeit produzieren? Die Politik muss die Unternehmen dazu zwingen, fair und nachhaltig zu produzieren.Mehr anzeigen


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