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Subito – Das Sofortbild Schweiz 2018 – 77min.

Filmkritik

Einen Augenblick festhalten

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Was heute ein Selbstverständnis ist, war vor 70 Jahren eine Sensation: das Sofortbild. Der geniale Tüftler Edwin Land entwickelte eine Kamera, die sofort lieferte: die Polaroid. Und Peter Volkart liefert nun den Film dazu, beschreibt Entwicklung und Geschichte hinter den Bildern. Eine virtuose Zeitreise.

Ein Traum ging in Erfüllung. Und es begann damit, dass der Physiker Edwin H. Land 1943 von seiner fünfjährigen Tochter gefragt wurde, warum sie die Fotoaufnahmen, die er von ihr gemacht hatte, nicht sofort, also subito, sehen könnte. Der amerikanische Tüftler Land wusste wie und entwickelte eine Sofortbildkamera, die Polaroid, die 1947 in New York vorgestellt wurde. Eine Revolution. Es dauerte nicht einmal eine Minute, bis man das fertige Papierbild in den Händen hielt.

Lands Firma Polaroid versorgte die Welt, sorgte für immer neue Erfindungen und technische Innovationen, etwa mit dem Polaroid-Swinger in den Sechzigerjahren oder dem legendären Kameramodell SX-70. Die Polaroid-Kamera wurde zum Kultobjekt, das auch Künstler wie Andy Warhol oder die Schweizerin Hannah Villiger nutzten. Die Polaroid-Errungenschaft hat wesentlich auch zum 3D-Kino (dazumal noch mit Kartonbrillen) und zur LCD-Technik beigetragen. Die Konkurrenz (Kodak) wurde stärker, und mit der Digitalisierung verlor das Polaroid-Unternehmen an Boden. 2008 wurde das Ende eingeleitet. Die letzte Fabrikationsstätte in Enschede, Holland, schloss 2008.

Die totale Verschrottung und Polaroid-Eliminierung verhinderte dann der Wiener Biologe und Fan Florian Kaps. Er kauft die Fabrikationsanlage für magere 180'000 Euro und betreibt seit Jahren einen Online-Handel mit «maroden» Polaroid-Filmen. Er hält mit seiner Firma «The Impossible Project» die Polaroid-Kultur aufrecht. Millionen Polaroid-Kameras sind noch auf dem Markt, neue Filme und Kameras wurden entwickelt.

Der Schweizer Filmer und Dokumentarist Peter Volkart hat die spannende Geschichte in vier Kapiteln aufgeschlüsselt – vom Prolog über «Die Künstler» (Warhol etc.) und «Ein unmögliche Leben» (Florian Kaps) bis zum Epilog («Tote leben länger»). Seine Montage von eigenem und fremden Archivmaterial, Fotos, Filmen, Interviews und Berichten Beteiligter fügt sich zu einem spannenden Panoptikum und Kaleidoskop über Kunst und Fotografie.

Seine virtuose Zeitreise ist zugleich ein Plädoyer für die analoge Fotografie, für die echte Fotografie. Die Milliarden Bilder der digitalen Medien sind flüchtig und versinken im Nirwana. Die Sehnsucht nach Authentizität, nach Echtheit, ist wieder stärker gewachsen. Oder wie es im Film heisst: «Etwas machen, was da ist, wenn man nicht mehr da ist.» Das kann ein Polaroid-Bild, und dafür macht sich diese spannende Dokumentation stark.

02.10.2018

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