Mi Obra Maestra Argentinien, Spanien 2018 – 101min.

Filmkritik

Kunst darf alles

Irina Blum
Filmkritik: Irina Blum

Die schwarze Komödie Mi Obra Maestra über einen gefallenen Künstler und seine Freundschaft mit einem ausgerechneten Galeristen geht der Frage auf den Grund, was Kunst alles darf – und was nicht.

Renzo Nervi (Luis Brandoni) ist ein in den 80ern durchaus beliebter Maler, der sich ausschliesslich für seine Kunst und umso weniger für PR interessiert. Seinem Stil von vor 30 Jahren ist der eigenwillige Mann auch heute noch treu, weshalb der Misanthrop langsam aber sicher in der kreativen Versenkung verschwindet: Keine Galerie will die in die Jahre gekommenen Werke des griesgrämigen Eigenbrötlers ausstellen, und auch sein bester Freund, der Galerist Arturo Silva (Guillermo Francella), verliert langsam aber sicher die Geduld. Hinzu kommt, dass es finanziell für Renzo nicht wirklich rosig aussieht, weshalb er kurzerhand samt Mobiliar und seinen Hunden, dafür ohne seine unverschämt junge Freundin auf der Strasse landet.

Ein schicksalsträchtiger Unfall regt in Arturo, der in Buenos Aires eine Galerie betreibt, jedoch Mitleid und bewegt ihn dazu, dem eigenwilligen und in die Jahre gekommenen Künstler mit einem riskanten Plan – und nicht ohne Hintergedanken – nochmals aus der Patsche zu helfen. Doch Alex (Raúl Arévalo), ein ehemaliger Schüler Renzos und nun Menschenrechtsaktivist und grosser Anhänger des Malers, kommt Arturos Plan auf die Schliche und muss sich eine schwerwiegende Frage stellen: Was darf man im Namen der Kunst alles tun, und was eben nicht?

Das Drehbuch des argentinischen Regisseurs Gastón Duprat, das er zusammen mit seinem Bruder Andrés Duprat geschrieben hat, driftet dabei mehr als einmal in ziemlich skurrile Bereiche ab: Wenn Renzo und Arturo zum Beispiel, um ein Bild zurückzuholen, bei Renzos etwa ein Drittel so alten Freundin einsteigen und dann unentdeckt Zeuge eines Stelldicheins zwischen ihr und ihrem neuen Liebhaber werden und beim Erwischt-Werden dem ahnungslosen Studenten weismachen wollen, die homosexuellen Väter der jungen Frau zu sein. Einige Ausreisser in der Story sind gar so abenteuerlich, dass die Grenze zwischen Skurrilität und Lächerlichkeit ziemlich nahe beieinanderliegen. Dass Mi Obra Maestra als schwarzhumorige Komödie nichtsdestotrotz gut funktioniert, liegt an ihrer Besetzung: Luis Brandoni und Guillermo Francella stellen die komplizierte Beziehung zwischen Renzo und Arturo mit viel Feingefühl dar und sorgen so für die zwischen den zwei Figuren benötigte stimmige Chemie.

In Zeiten von horrend teuren Kunstwerken und Gemälden, die sich nach Auktionen als Teil der Kunst selbst zerschreddern, wirft der Film mit seiner – für den Zuschauer vielleicht etwas gar – späten Auflösung im letzten Akt interessante Fragen und Diskussionspunkte nach Themen wie der Definition oder dem finanziellen Wert von Kunst auf. Abgesehen von dieser kritischen Einstreuung ist Mi Obra Maestra aber ein kurzweiliger, leicht verdaulicher Film über die Kunstwelt, der mit schwarzem Humor, skurrilen Einfällen und der Geschichte einer komplexen Freundschaft zu unterhalten weiss. Kein Meisterwerk zwar – wie im Film klar wird, kann sich dies aber auch im Nu ändern.



11.03.2019

4

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