Measure of a Man USA 2018 – 100min.

Filmkritik

Sommer der Erkenntnis

Christopher  Diekhaus
Filmkritik: Christopher Diekhaus

In seiner nostalgisch eingefärbten Romanverfilmung Measure of a Man bebildert der britische Regisseur Jim Loach (Oranges and Sunshine), seines Zeichens Sohn von Kinoaltmeister Ken Loach, die Sommerferien eines Jugendlichen, der unter Selbstzweifeln und Schikanen leidet.

Wenn die Schule in die Pause geht, die Sonne ihre grösste Kraft entfaltet und alle Zeichen auf Urlaub stehen, blühen junge Menschen für gewöhnlich auf. Nicht so der Teenager Bobby Marks (Blake Cooper), der wegen seines Übergewichts ständig gehänselt wird und dem es jedes Mal vor dem Aufenthalt im Ferienhaus seiner Familie graut. Einziger Lichtblick des traditionellen Sommerurlaubs am See ist das Wiedersehen mit Joanie Williams (Danielle Rose Russell), mit der Bobby eine innige Freundschaft verbindet. Als das Mädchen, das aufgrund seiner grossen Nase ebenfalls Spottattacken über sich ergehen lassen muss, eines Tages überraschend für einige Wochen in die Stadt zurückfährt, ist Bobbys Stimmung endgültig im Keller. Um sich die Zeit irgendwie zu vertreiben, bemüht er sich um einen Gärtnerjob beim kauzigen Dr. Kahn (Donald Sutherland), der sich schnell über die Arbeitsqualitäten des Jugendlichen auslässt. Dass der Einheimische Willie Rumson (Beau Knapp) und seine Clique Bobby zudem ständig tyrannisieren, macht die Sache nicht gerade einfacher.

Measure of a Man basiert auf Robert Lipsytes Coming-of-Age-Roman «One Fat Summer», der aus dem Jahr 1977 stammt und sich mit diversen zeitlosen Themen auseinandersetzt. Buch und Film veranschaulichen, wie sich gezieltes Mobbing auf die Psyche eines jungen Menschen auswirkt, beleuchten das Aussenseiterdasein der Hauptfigur und verhandeln das, was man heutzutage mit dem Begriff Body Shaming umschreibt. Obwohl sich Bobby mehr als einmal in einer schmerzhaft-erniedrigenden Lage wiederfindet, gelingt es Regisseur Jim Loach und Drehbuchautor David Scearce (A Single Man), ihrer im Sommer 1976 spielenden Geschichte eine erstaunliche Leichtigkeit zu geben.

Geduldig erzählt die Tragikomödie von den Tücken des Erwachsenwerdens, bedient sich dabei vieler bekannter Motive, nimmt manchmal aber interessante Schlenker, die nicht unbedingt vorherzusehen sind. Exemplarisch ist etwa die Art und Weise, wie Measure of a Man den Konflikt zwischen Bobby und William auflöst. Ab und an – besonders dann, wenn Dr. Kahn mit Kalendersprüchen um sich wirft – wird es ein wenig zu didaktisch. Im Grossen und Ganzen versteht es die von einem erfrischend natürlichen Hauptdarsteller getragene Romanadaption aber, die Entwicklung des Protagonisten warmherzig und anrührend zu beschreiben.

12.06.2019

3.5

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