Kursk Belgien, Frankreich, Luxemburg 2018 – 117min.

Filmkritik

In den Untiefen gefangen

Filmkritik: Walter Rohrbach

Der neue U-Boot-Thriller Kursk von Thomas Vinterberg lässt keinen kalt: Eingeschlossene, frierende Marinesoldaten bangen um ihr Leben, während ihre Familien an der zaghaften Informationspolitik der Militärführung verzweifeln. Die emotional berührenden Szenen können aber nicht darüber hinweg trösten, dass der Film insgesamt zu wenig mutig ist.

Mischa holt tief Luft und taucht unter in der Badewanne, die sich in einer kleinen Wohnung einer Plattenbausiedlung der Marinebasis der russischen Nordflotte befindet. Auch sein Vater Mikhail ist Mitglied der Marine und wird schon bald für seinen nächsten Einsatz in den Barentssee aufbrechen. Vorher aber wird noch ausgiebig die Hochzeit seines Freundes gefeiert: russisch-orthodox, mit viel Alkohol und derben Sprüchen inklusive. Dabei lernen wir auch die anderen Freunde von Mikhail kennen –allesamt Mitglieder der russischen Marine und Teil der Besatzung der Kursk.

So heisst das russische Atom-U-Boot K-141, dessen wahre Geschichte – basierend auf Robert Moores Buch «A Time to Die» – nun von Thomas Vinterberg in seinem neuen Thriller verfilmt wurde. Denn kurze Zeit, nachdem der 150 Meter lange Koloss wie ein sanfter Riese zart und friedlich im August 2000 für ein Übungsmanöver im Horizont entschwindet, erschüttern zwei Explosionen die Kursk – für die im U-Boot noch Lebenden beginnt ein herzzerreissender Überlebenskampf.

Gemäss den bekanntesten Filmen von Regisseur Thomas Vinterberg – Festen oder Jagten – könnte man den neuen Film böse auch «Unterwassern» nennen. Vinterberg hat seinen Kursk-Cast mit bekannten Gesichtern besetzt: Beispielsweise wird Mikhail verkörpert von Matthias Schoenaerts, der bereits im letzten Film von Vinterberg «Am grünen Rand der Welt» gespielt hat. Dabei ist auch Bond-Girl Léa Seydoux, welche die Frau von Mikhail spielt, oder Toni-Erdmann-Star Peter Simonischek und Oscar-Gewinner Colin Firth. Aus schweizer Sicht sind die Blicke besonders auf Joel Basman zu richten, der einen russischen Matrosen spielt.

Kursk ist sicher der bisher Mainstream-tauglichste aller Vinterberg-Filme, allerdings nicht sein bester. Dazu ist er doch etwas zu flach geraten, und er orientiert sich zu stark an ungetrübten Heldenbildern. Ja, die Ohnmacht und die Verzweiflung der bangenden Familien werden nicht ausgelassen, sondern umfassend thematisiert – denn die Geschichte der Kursk ist eine über mangelnde Führungsverantwortung: erst wollte die russische Marine nicht zugeben, dass das U-Boot gesunken war, danach unterliess man es, frühzeitig international nach Hilfe zu bitten und versuchte mit veralteten Hilfsmitteln die Bergung vorzunehmen. Hier allerdings ist der wichtigste Kritikpunkt anzubringen: Obwohl die Szenen des Überlebenskampfes emotional stark berühren, verpasst es Vinterberg, der Suche nach den wahren Verantwortlichen der verfehlten Informationspolitik auf den Grund zu gehen und legt das Gewicht zu stark auf fiktionale Momente. Schade, hätte die Geschichte doch alle Elemente für einen 1A-Movie gehabt – so bleibt es aber auf der Stufe des gutgemachten Mainstreamkinos.

15.05.2019

3

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Kommentare

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8martin

vor 3 Jahren

Ein hochrangig besetzter Film, der die Ereignisse um den Untergang des Atom-U-Boots Kursk K-141 aus dem Jahr 2000 schildert. Die klaustrophobische Enge im in einem Unterseeboot ist nicht jedermanns Sache. Hier wird die Crew bis an ihre physischen Grenzen getrieben. Sie werden von Explosionen, von Wasser und Kälte bedroht und überleben nicht, weil die russische Admiralität nicht nur keine Rettung zur Bergung leisten kann, sondern weil sie auch die angebotene Amerikanische Hilfe ablehnt.
Der Überlebenskampf der Crew wird mit dem Privatleben einzelner kontrastiert, allen voran Matthias Schoenaerts, Lea Seydoux und ihr kleiner Sohn Misha.
Was im Innern des russischen U-Boots abläuft, sieht sehr professionell aus. An Land tobt ein typischer Kampf des Kalten Krieges. Alle offiziellen Informationsluken sind fest geschlossen, allenfalls verlauten Fake News. Die reichen vom Rammen eines ausländischen U-Bootes bis zu einem kleinen technischen Fehler. Aber es gibt auch persönlich gute Beziehungen zwischen Commodore Russell (Colin Firth) und seinem russischen Kollegen Admiral Grudzinsky (Peter Simonischek). Russell wird die Erlaubnis erst erteilt als es zu spät ist. Hier gibt Admiral Petrenko († Max von Sydow in seiner letzten Rolle) den stalinistischen Betonkopf, der sich selbst die Teppichkante hochhält, um die Wahrheit drunter zu kehren. Ebenso wichtig ist der hier erstmals dokumentierte Mut der Frauen der Matrosen, öffentlich die Leitung der Unwahrheit zu zeihen. Kurz und schmerzlos wird hier die Beinlänge der Lüge dargelegt,
Ein sehr emotionaler Schluss mit einer Gedenkfeier, in der der kleine Misha Admiral Petrenko den Handschlag verweigert. Recht spannend, menschlich anrührend und wertvoll.Mehr anzeigen


as1960

vor 4 Jahren

Der Untergang des russischen U-Boot "Kursk", und der darauffolgende Überlebenskampf wird sachlich und ruhig erzählt. Es wird aufgezeigt wie Politik und falscher Stolz zu fatalen Fehleinschätzungen führt. Richtig berührt hat mich der Film trotz der dramatischen Ereignissen nicht.


nick74

vor 4 Jahren

Hat mir gut gefallen


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