Fahrenheit 11/9 USA 2018 – 125min.

Filmkritik

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Irina Blum
Filmkritik: Irina Blum

Michael Moore und Donald Trump: Man braucht nicht viel Phantasie, um sich auszumalen, dass dies eine explosive Mischung ist. Moores neuster Film, der sich des 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten annimmt, arbeitet dann auch hauptsächlich mit einem Lieblingsthema der beiden Akteure: Der Provokation.

Moore beginnt seine neuste Doku mit dem 9. November 2016, dem Tag, als alles begann: Als klar ist, dass Donald Trump – ganz überraschend und im Widerspruch zu allen gemachten Prognosen – die Präsidentschaftswahl gegen Konkurrentin Hillary Clinton gewonnen hat. „How the fuck could this happen?“ fragt sich Moore – und versucht dem Zuschauer einige Antworten zu geben. Auch Donald Trump und seiner Politik wendet sich die Doku zu – zum Beispiel Moores Heimatstadt Flint, wo mittels systematischer Lokalpolitik die Grundwasserversorgung geändert wurde, was in verschmutztem Trinkwasser und lebenslang geschädigten Menschen gipfelte. Auch Trumps Beziehung zu seiner Tochter Ivanka wird näher betrachtet, und eine Begegnung Moores in einer Talkshow in den 90er-Jahren mit Donald Trump, bei der Trump die Bemerkung fallen liess, er hoffe, Moore mache nie einen Film über ihn.

Es sind auch sehr reisserische und provokative Vergleiche, die Moore anstellt: Das merkt man spätestens, als Bilder aus der Nazizeit über den Bildschirm flimmern. Mit einer Länge von über zwei Stunden und zahlreichen angeschnittenen Themen, die dann schlussendlich aber nicht im Detail verfolgt werden, wirkt Moores neuestes Werk wie ein verwirrender Flickenteppich aus zugegebenermassen oft wirklich berührenden Einzelschicksalen und reisserischen Fakten zu Donald Trump und seinem Regime. Es wirkt so, also hätte Moore unglaublich viel zu erzählen gehabt, sich aber nicht wirklich entscheiden können, in welche Richtung die Doku gehen soll. Ist es ein Portrait über die narzisstische Persönlichkeit Trumps? Über die Folgen seiner resoluten Politik? Oder doch über die politische Befindlichkeit der amerikanischen Bevölkerung? Schlussendlich ist Fahrenheit 11/9 alles davon, und nichts so wirklich.

Nichtsdestotrotz schaut man als Zuschauer irgendwie fasziniert zu, während der Film von Donald Trump zu Barack Obama zu Adolf Hitler springt. Denn so unsachlich und polemisch Fahrenheit 11/9 an manchen Stellen ist, so lobenswert und herausfordernd ist er mit seiner Aussage: Auch wenn man den Politikern nicht trauen kann, in einer Demokratie ist es nun mal so, dass jeder und jede etwas zu sagen hat – man muss seine Stimme nur nutzen. So wie die Schüler, die den Amoklauf an ihrer Schule überlebt haben, und sich nun politisch für strengere Waffengesetze einsetzen. Oder die junge New Yorkerin Alexandria Ocasio-Cortez, die sich mit 28 Jahren bei Wahlen in der Bronx für die demokratische Partei aufstellen liess, und völlig unerwartet einen etablierten Republikaner auf die hinteren Plätze verwies. Es ist ungewöhnlich viel Hoffnung, die hier nebst Provokation aus Moores Film ertönt.

12.10.2018

3

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Kommentare

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Taz

vor 5 Jahren

Trump dient hier als Aufhänger für eine Vielzahl an diskussionswürdigen Problemen, die schonungslos wie gewohnt aufgedeckt und angepriesen werden. Braucht aber etwas Sitzfleisch. War Moore früher nicht frecher?


Yvo Wueest

vor 5 Jahren

Ein packender, unterhaltsamer, auch erschütternder Film. Über einen Mann, den niemand als Chef, Ehemann, Schwiegervater, Freund oder Nachbar möchte. Ein Film, der auch zeigt: No. 45 ist ein grosses Ablenkmanöver der GOP, die ihre politische Agenda gegen die Mehrheit der Stimmen durchsetzt. Moore besucht auch Flint und berichtet über die Wasserkrise in seiner Heimatstadt und warnt: Wenn wir jetzt von der "Hoffnung" nicht zum "Handeln" wechseln, ist eine zweite Amtszeit ... mit allen Konsequenzen möglich.Mehr anzeigen


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