En guerre Frankreich 2018 – 112min.

Filmkritik

Macht und Ohnmacht in der Arbeitswelt

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Ein alltägliches Szenarium: Ein Zulieferwerke in Südfrankreich wird geschlossen, nachdem ein deutscher Konzern die Produktionsstätte übernommen hat. Ein Gewerkschaftler wehrt sich mit allen Mitteln. Streik und zermürbender Arbeitskampf. Ein wirklichkeitsnaher Spielfilm, der wie ein Dokument wirkt.

Wie oft liest man eine Meldung wie: Die Firma X wird vom Konzern Y übernommen. Es soll keine Entlassungen geben. Denkste! Die Wirklichkeit sieht anders aus. So hatte man – im Film En guerre – den Betriebsangehörigen in Aden, Südfrankreich, versprochen, dass eben dieses Autozulieferwerk fünf Jahre weiterproduzieren wird, nachdem die Arbeiterschaft erhebliche Zugeständnisse (zusätzliche Arbeitsstunden, Streichung von Boni) gemacht hatte. Nichts davon mehr, nach der Übernahme verkündigt das Management die Schliessung. Eine Katastrophe, ist die Produktionsstätte doch der wichtigste Arbeitgeber für Stadt und Region.

Der alte Gewerkschaftshase Laurent Amédéo (Vincent Lindon) organisiert zusammen mit seiner jungen Kollegin Mélanie (Mélanie Rover) den Widerstand, heisst Streik. Das lokale wie internationale Management stellt sich stur. Streik und Blockierung des Werks ziehen sich hin, zermürben die Leute. Einige springen ab, lassen sich von Abfindungen verlocken und fallen den Streikenden in den Rücken. Immerhin gelingt es Amédéo und seinen Mitkämpfern, kleine Zugeständnisse von der Leitung zu erhalten. Sogar der Konzern-CEO willigt in ein Gespräch ein. Dann eskaliert der Streikkampf. Man wähnt sich angesichts der Geschehnisse nicht im Kino, sondern in der Fabrik und vor den Werkstoren, inmitten der Diskussionen der Gewerkschaftler, wird Zeuge der Verzweiflung der Arbeiter und der Arroganz der Manager.

Wenn man den Schauspieler Vincent Lindon nicht kennen würde, könnte man auf einen echten Streikführer schliessen. Er hat Arbeitslosenerfahrung als Hauptakteur in Stéphane Brizés Spielfilm La loi du marché gemacht und erhielt dafür in Cannes 2015 den Darstellerpreis. Dazumal agierte er als Maschinist, der mit 50 arbeitslos wird, gegen die Bürokratie kämpft und sein Rückgrat zu verlieren droht. Das passiert dem kompromisslosen Kämpfer Amédéo nicht, er bleibt bei der Stange, um die Schliessung zu verhindern. Doch die Streikfront bröckelt, und am Ende wird er von Kollegen als Sündenbock abgestempelt. Hart und unerbittlich beschreibt Stéphane Brizé die Arbeitskämpfe von heute, die Macht der Manager und die Ohnmacht der Angestellten, die «Anteilnahme» der Medien. Brizé beschreibt das Klima ohnmächtiger Abhängigkeit ebenso packend wie die Verzweiflung und Demütigung der Betroffenen, bis Ohnmacht in Wut umschlägt. Kein Lehrstück, aber ein fesselndes Abbild einer alltäglichen Kapital-Arbeitswelt.

15.05.2019

4.5

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