Don't Worry, Weglaufen geht nicht USA 2018 – 113min.

Filmkritik

Läuft doch!

Cornelis Hähnel
Filmkritik: Cornelis Hähnel

Die Berlinale hat den Ruf, als politisches Festival vor allem schwermütige Themen zu behandeln. Auch in Gus van Sants Wettbewerbsbeitrag Don’t worry, he won’t get far on foot geht es um Alkoholsucht und Behinderung – wenn auch mit einem deutlich heiteren Grundton.

John (Joaquin Phoenix) liebt das Leben, das Feiern, die Frauen – und den Alkohol. Und den liebt er weitaus mehr, als es gut für ihn ist. Schon direkt nach dem Aufwachen braucht er einen großen Schluck Tequila, um überhaupt in die Gänge zu kommen, seinen Alltag verbringt er im Vollrausch. Auf einer Party lernt er Dexter (Jack Black) kennen, mit dem er sich auf Anhieb versteht. Die beiden begeben sich auf Sauftour, ein Shot folgt dem nächsten, bis keiner mehr stehen kann. Doch fahren geht noch. Nun, nicht wirklich, denn nach einem Unfall wacht John am nächsten Morgen im Krankenhaus auf. Querschnittsgelähmt. Er versucht, sich mit seinem Schicksal abzufinden und geht zu den Anonymen Alkoholikern, wo er Gleichgesinnte trifft. In der Reha verliebt er sich in die charmante Annu (Rooney Mara), doch seine wahre Erlösung findet er in seinen bitterbösen Cartoons, mit denen er bald erste Erfolge feiert.

Don’t worry, he won’t get far on foot basiert auf der Biographie des Cartoonisten John Callahan, der seit seinem 21. Lebensjahr aufgrund eines Unfalls im Rollstuhl saß. Callahan fand mit seinen einfach skizzierten Figuren, seinem makaberen Witz und seinen messerscharfen Beobachtungen schnell eine große Fangemeinde. Joaquin Phoenix spielt den zynischen Zeichner, der ständig mit seiner Sucht zu kämpfen hat, mit unglaublicher Präsenz. Immer wieder wird deutlich, welche Kämpfe sich die Dämonen in seinem Inneren liefern, wie sich Bitterkeit, Verzweiflung und Zuversicht permanent abwechseln. Und doch kann er dank seines schwarzen Humors selbst dem härtesten Schicksal noch ein Lachen entlocken.

Gus van Sant erzählt nur einen Tag vor dem verhängnisvollen Unfall, danach konzentriert er sich auf erste berufliche Erfolge von Callahan und vor allem auf die Treffen mit der Gruppe der Anonymen Alkoholiker. Die Außenseiter-Truppe um den charismatischen Vorsitzenden Donny (Jonah Hill) hat er dabei wunderbar besetzt: Gossip-Frontfrau Beth Ditto, Sonic Youth Legenden Kim Gordon und Schauspielikone Udo Kier bieten hier dem Selbstmitleid Callahans entschlossen Paroli. Don’t worry, he won’t get far on foot erzählt davon, wie wichtig es ist, sein Schicksal zu akzeptieren, wie sehr es sich lohnt, nach vorne zu blicken und wieder aufzustehen. Das ist zwar mittlerweile zu einer Kalenderspruch-Weisheit geworden, ändert aber nichts daran, dass es stimmt. Und dank Callahans geschliffenem Witz offenbart sich der Mut, sich dem Schicksal zu stellen, ganz ohne kitschige Basis, dafür mit vielen ebenso eigenwilligen beziehungsweise normalen Auswüchsen.

27.06.2018

4

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Kommentare

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as1960

vor 5 Jahren

Bei "Don't Worry, Weglaufen geht nicht" könnte man dem Kinogänger sagen "Don't Worry, Weglaufen ist nicht nöitg". Trotz der einen oder anderen erzählerischen Schwäche (das Hin- und Herwechseln zwischen den Zeitzohnen wird übertrieben), weiss die wahre Geschichte des Cartoonisten John Callahan zu beeindrucken. Der Leidensweg des Alkoholikers, welcher nach einem Autounfall querschnittsgelähmt ist wird nachfühlbar aufgezeigt. Unglaublich stark Joaquin Phoenix in der Titelrolle, der mit seiner Mimik jede Sekunde dem Zuschauer aufzeigt, was in ihm vorgeht. Und ungewohnt besetzt, und gerade deswegen eine positive Überraschung: Jonas Hill in der Rolle eines charismatischem Predigers.Mehr anzeigen


nick74

vor 5 Jahren

Hat mir gut gefallen. Joaquin Phoenix zeigt wieder sein Schauspieler-Talent.


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