Tigermilch Deutschland 2017 – 106min.

Filmkritik

Nur die Jungen leben richtig

Peter Osteried
Filmkritik: Peter Osteried

Die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Stefanie de Velasco, der für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert war, ist so aufregend und spontan wie es auch die Vorlage ist. Was de Velasco in ihrem Buch einzufangen verstand, wird auch in diesem Film wiedergeboren: der Blick auf eine problematische Jugend, aus dem Blickwinkel und in der Sprache der Jugend.

Jameelah und Nini sind 14 Jahre alt und beste Freundinnen. An der Schwelle zum Erwachsenwerden wollen sie alles erleben, das ganze Abenteuer, die erste Liebe, die großen Momente, um so auch ihre Probleme zu vergessen. Jameelah fürchtet, dass sie, obwohl sie besser deutsch spricht als die meisten, in den Irak abgeschoben werden könnte, und Nini lebt bei einer Mutter, die sich nicht für sie interessiert. Nun, da die Sommerferien da sind, schließen die Freundinnen einen Pakt: Sie wollen ihre Jungfräulichkeit verlieren.

Ute Wieland war von dem Roman begeistert und machte sich daran, diesen in einem Drehbuch umzusetzen. Dabei legte sie Wert darauf, eine Jugendsprache zu finden, die nicht unbedingt dem Trend entspricht, aber in sich stimmig ist. Das ist ihr gelungen, denn Jameelah und Nini sprechen oftmals auf eine Weise, die den Erwachsenen verborgen bleibt, aber einen Eindruck von der Welt liefert, in der sie leben.

Der Reiz dieser Geschichte ist, dass es sich nicht um eine typische Coming-of-Age-Erzählung handelt, die an den besten Orten stattfindet. Hier zeigt man ein Berlin der Armut, eines, in dem Immigranten und Deutsche Seite an Seite in heruntergekommenen Wohnblöcken leben und wo die Kulturen aufeinander krachen. Nicht nur die des Gastlands mit der der Gäste, sondern auch innerhalb dieser Gemeinden. So ist ein essenzieller Bestandteil des Films auch die Geschichte einer jungen Frau, die als Bosnierin einen Serben liebt, was ihre Familie nicht akzeptieren kann. Was sich hieraus entspinnt, ist nicht wirklich überraschend, vielleicht auch ein wenig überzeichnet, aber deshalb nicht weniger kraftvoll.

Gleiches gilt für das traurig-bittere Ende, das einen Missstand aufgreift und anprangert, ohne jedoch zu tief in die politischen Dimensionen einzutauchen. Damit zeigt der Film aber auch, dass vieles falsch läuft und in Namen der Bürokratie Zukunftsperspektiven vernichtet werden. Zugleich ist dies aber auch einer der stärksten Momente von Tigermilch, denn jene Szene am Zaun illustriert vor allem eines: Das Ende der Unschuld, aber auch das Ende eines Sommers, nach dem Jameelah und Nini nicht mehr länger Kinder, sondern erwachsen sind.

04.03.2024

4

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