The Wound Frankreich, Deutschland, Niederlande, Südafrika 2017 – 88min.

Filmkritik

Männlichkeitsritual – zwischen Tradition und Moderne

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Südafrika heute. Junge Männer lassen sich freiwillig auf ein traditionelles Beschneidungs- und Mannbarkeitsritual ein. Das Drama The Wound von John Trengove aus Johannesburg beschreibt nahezu dokumentarisch diesen Akt des Erwachsenenwerdens, behandelt gleichzeitig eindrücklich Tabus der südafrikanischen Gesellschaft.

In einem Waldcamp abseits urbaner Zentren finden sich junge Männer aus dem Stamm der Xhosa zum Beschneidungsritual (Ukwaluka) ein – freiwillig. Dieser Initiationsritus dauert mehrere Wochen. Am Ende sollen die Jünglinge zu Männern «gereift» sein. Sie verfügen dann über Privilegien und tragen Verantwortung. Lagerist Xolani aus Johannesburg nimmt seit Jahren als Mentor (Khankathas geheissen) teil, diesmal soll er den rebellischen 17jährigen Kwanda leiten und begleiten, der wenig mit dieser Tradition anfangen kann und zu diesem traditionellen Erwachsenen-Ritus vom Vater gedrängt wurde. Der widerborstige Zögling entdeckt dann, dass sein Mentor nur an diesem Lager teilnimmt, um Vitcha, einen anderen «Begleiter», wiederzusehen, den er liebt. Doch Vitcha ist verheiratet. Der Konflikt schwelt, und der junge Kwanda schürt das Feuer.

John Trengoves Erstlingsfilm über Tabus der südafrikanischen Kultur beeindruckt, auch weil er den Konflikt einer «verbotenen» Liebe nahezu dokumentarisch aufgreift. Die Darsteller sind Mitglieder des Xhosa-Stammes. Seine intime Schilderung eines Männlichkeitswahns (Frauen kommen nicht vor, höchstens am Rande als Heimkehrkulisse) ist gleichzeitig ein homosexuelles Outing-Stück und ein Plädoyer für Befreiung. Die Angst vor Entdeckung und die ungestillte Sehnsucht– wer findet Kraft, sich zu bekennen und sich zu offenbaren? – schält sich als eigentliches Thema heraus. Trengoves intimes Drama über Selbstfindung und Wahrheit, über einen schwelenden Konflikt, eine offene Wunde und eine gespaltene Gesellschaft zwischen Tradition und Moderne besticht durch seine Authentizität und Offenheit.

«Ich wollte zeigen, wie intensiv die emotionalen und körperlichen Beziehungen sein können, die sich bei Camp entwickeln, und bis zu welchem Grade die Unterdrückung tiefer Gefühle ungesunde und gewalttätige Folgen haben kann», beschreibt Regisseur Trengove, selbst Weisser, seine Intentionen. «Da mir selbst diese Kultur fremd ist, hielt ich es für wichtig, diese Geschichte ebenfalls aus der Perspektive von Aussenseitern zu erzählen, denen es schwerfällt, sich den unverrückbaren Regeln ihrer Gemeinschaft zu unterwerfen.»

11.09.2017

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