The Post - Die Verlegerin USA 2017 – 115min.

Filmkritik

Weichenstellung für die Pressefreiheit

Irina Blum
Filmkritik: Irina Blum

Gestützt auf den Memoiren der Verlegerin Kay Graham und dem damaligen Washington-Post-Chefredaktor Ben Bradlee inszeniert Steven Spielberg einen faktenbasierten Thriller rund um einen der grössten Politskandale der amerikanischen Geschichte. Mit an Bord: Meryl Streep und Tom Hanks – kein Wunder, wird dem Drama an den diesjährigen Oscarverleihungen realistische Chancen eingeräumt.

Als erste Frau steht Kay Graham (Meryl Streep) 1971 nach dem Selbstmord ihres Mannes an der Spitze des Verlags, der die renommierte wenn auch etwas verstaubte «Washington Post» herausbringt. Kurz vor dem Börsengang der Zeitung werden geheime Staatspapiere geleakt, aus denen hervorgeht, dass die amerikanische Regierung den Vietnamkrieg so gut wie verloren hat, diesen aber aufrechterhält, um nicht das Gesicht zu verlieren. Ihr Chefredakteur Ben Bradlee (Tom Hanks) will trotz eines Verbots der amerikanischen Regierung über die Papiere berichten – schlussendlich liegt die Entscheidung aber bei Kay. Diese steht in einem Spannungsfeld zwischen den Interessen des Verwaltungsrates und ihren eigenen Überzeugungen für die Pressefreiheit.

Dass der Filmtitel (im Original: The Post) mit Die Verlegerin übersetzt wurde, wird den Ereignissen von damals nicht wirklich gerecht: In Wahrheit stand nicht eine Frau, sondern ein ganzes Team an mutigen Journalisten hinter der Veröffentlichung der heiklen Papiere, die den Niedergang der traditionsträchtigen Zeitung The Post hätte nach sich ziehen können. Der Titel passt aber nichtsdestotrotz: Bei ihrer ersten Zusammenarbeit mit Steven Spielberg und Tom Hanks trumpft Meryl Streep als unterschätzte, auf den ersten Blick etwas farblos wirkende Frau inmitten einer Gruppe von älteren, gesetzten Anzugsträgern auf und spielt ihre männlichen Kontrahenten inklusive einem souveränen Tom Hanks beinahe an die Wand.

Spielberg versteht es dann auch, den packenden Polit-Thriller mit einer emanzipatorischen Note anzureichern: Kay Graham, die zu Beginn des Films vor Sitzungen mit dem Verwaltungsrat äusserst bemüht ist, ihre Sätze auswendig zu lernen, währenddessen dann vor Nervosität Stühle umwirft und sich selbst nicht so richtig in der Position sieht, zu der sie das Erbe ihres Ehemannes berufen hat, glänzt zum Schluss als mutige, vorstrebende Geschäftsfrau. Kein Wunder also, dass Spielberg sie bei den Gerichtsverhandlungen als von einer Horde von vor dem Gericht wartenden Frauen angehimmelt und bestärkt inszeniert.

Dass Spielberg für das Projekt kurzfristig seine Terminplanung änderte und während weniger als einem Jahr den Film rechtzeitig für die Abgabefrist der Oscars fertigstellte, kommt nicht von ungefähr: Obwohl die Geschehnisse fast 50 Jahre zurückliegen, meint man, vom Regisseur Pfeilspitzen auf die aktuelle Situation in Amerika zu sehen – in Zeiten von Fake-News natürlich auch nicht weit hergeholt. Vielleicht kommt The Post – Die Verlegerin genau deshalb auch sehr zeitlos daher. Auch wenn die Botschaft zum Schluss ein wenig pathetisch transportiert wird: Der Film ist ein packender, kammerspielartiger Thriller über eines der wohl bedeutendsten Presse-Leaks des 20. Jahrhunderts inklusive einer durchs Band absolut starken Besetzung. Spielberg, Hanks, Streep – wer weiss, vielleicht die Zauberformel für die diesjährigen Oscars?

22.02.2018

4

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Kommentare

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8martin

vor 3 Jahren

Stephen Spielberg hat diesen Film gemacht, in dem es um die Pressefreiheit geht. Meryl Streep ist hier die Titelheldin Kay Graham. Sie hat die Washington Post geerbt und hängt mit Leib und Seele an ihrem Familienunternehmen. Tom Hanks ist der Chefredakteur.
Über dunkle Kanäle gelangen Unterlagen über die Erfolgsaussichten des Vietnamkriegs in die Hände der Post. Eine Diskussionslawine wird unter allen Beteiligten losgetreten, die das Für und Wider einer Veröffentlichung abwägen. Dass der Film auf wahren Begebenheiten beruht, versteht sich von selbst. Verteidigungsminister McNamara (Bruce Greenwood) gab sie in Auftrag mit dem Vermerk TOP-SECRET! Ein Whistleblower im Pentagon hatte etwas dagegen.
Danach wusste man, dass die USA den Krieg nicht gewinnen können und dass man der Öffentlichkeit diese Infos vorenthalten müsse. Es sei militärischer und diplomatischer Selbstmord. Auch die Verschiebung der Veröffentlichung war eine Option. Genauso wie das moralische Gewissen von Journalisten und Verlegern. Meinungen wurden ausgetauscht, ob die Presse den Regierenden oder den Regierten dienen solle. Selbst die ‘Domino Theorie‘ wird erwähnt, nach der, wenn ein Staat im Fernen Osten den Kommunisten in die Hände fällt, dem Beispiel weitere folgen könnten.
Vor allem Meryl Streep bietet ihr ganzes schauspielerisches Talent auf, um diese Mrs. Graham aus persönlich menschlicher Sicht zu beleuchten: zwischen Moral und Commerz, Verantwortung und Zivilcourage, denn eine Gefängnisstrafe könnte drohen. Ihr gelingt der Spagat zwischen Mutter und Geschäftsfrau. Die letzte Einstellung bringt einen Hinweis auf Watergate (sic!).
Der Film ist vor allem so wichtig, wenn man an die momentane Figur im Weißen Haus denkt.Mehr anzeigen


Barbarum

vor 5 Jahren

Praktisch sind Spielberg-Filme ja ziemlich verlässlich und vielleicht auch in mancher Hinsicht berechenbar: Handwerklich gut gemacht mit einem herausragenden Cast. In diesem Sinne ist auch dieses sehr zeitgemäss wirkende Drama über die Pressefreiheit keine Ausnahme.


bettina_klaus

vor 5 Jahren

spannendes Kino, gute Darstellerinnen und Darsteller, gute Geschichte


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