Tehran Taboo Österreich, Deutschland 2017 – 96min.

Filmkritik

Ein schizophrenes Land

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

Das mit bemerkenswerten, starken Charakteren bestückte, animierte Drama Téhéran Tabou prangert die Widersprüchlichkeit des Lebens im Iran an. Auf provokante Weise legt es die antiquierten, konservativen Ansichten und Lehren von Staat und Religion offen.

In Teheran kreuzen sich die Wege von drei Frauen und einem Musiker. Da ist Pari (Elmira Rafizadeh), die sich prostituieren muss um sich und ihren Sohn durchzubringen. Neben ihr wohnt Sara (Zahra Amir Ebrahimi), die bald ihr erstes Kind erwartet. Sie leidet unter ihrem Mann, der sie unterdrückt. Und die junge Donya (Negar Mona Alizadeh) muss sich nach einem One-Night-Stand mit dem Musiker Babak das Jungfernhäutchen wiederherstellen lassen.

Der animierte Episoden-Film ist das Debüt von Ali Soozandeh, eines in Deutschland lebenden Iraners. Zuvor war er u.a. als Animator tätig. Seine Erfahrung kam ihm bei Téhéran Tabou zugute: Er filmte die Schauspieler zunächst in einem Studio vor einem Green Screen. Später wurden die Aufnahmen verfremdet und in einen animierten Film umgewandelt – mittels Motion-Capture und Rotoskopie. Premiere erlebte das Werk in diesem Jahr in Cannes.

Téhéran Tabou zeigt, dass in der iranischen Gesellschaft zwei Welten aufeinander prallen, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Und: die unvereinbar sind. Die Menschen streben nach Selbstverwirklichung und Gleichheit, sehen sich aber mit einem repressiven System konfrontiert. Ein System, dessen Rückgrat steinzeitliche, erzkonservative religiöse Gebote darstellen. Abstinenz und Keuschheit als oberste Prinzipien.

Hinter verschlossenen Türen leben die Menschen aber freilich ihre Sehnsüchte aus. Dies macht Teheran Tabu unmissverständlich klar. Sie haben Sex, gehen in Nachtclubs und trinken Alkohol. Auch all jene, die diese Dinge (öffentlich) verteufeln. Soozandeh findet für die Offenlegung dieses scheinheiligen, schizophrenen Verhaltens dringliche Bilder und intensive Szenen. Etwa wenn Pari einen Richter anfleht ihr dabei zu helfen, die fälligen Unterhaltszahlungen ihres Mannes einzutreiben. Der Richter nutzt ihre Hilflosigkeit jedoch schamlos aus und man kann sich denken, was er als Gegenleistung verlangt.

Die drei Iranerinnen sind starke Frauenfiguren, die sich im Film behaupten und um ihre Rechte kämpfen. Wie zu erwarten, erfahren dennoch nicht alle ein positives Ende. Alles in allem ist der Film allein schon deshalb sehenswert, da er die Bigotterie dieses rückständigen Landes zeigt. Ratsam aber wäre gewesen, wenn sich Soozandeh auf weniger Missstände konzentriert hätte, die er anprangert. Durch die Vielzahl an Inhalten und Themen – korrupte Behörden, Verrat, Drogenmissbrauch, Prostitution, Pornosucht u.a. – wirkt Téhéran Tabou stellenweise überladen und etwas erdrückend.

20.02.2024

3

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Kommentare

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Patrick

vor 5 Jahren

Starkes Gesellschaft Drama von Iran das durch die 3 Storys Beklemmend erzählt wird.Keine leichte Kost.


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