Nur Gott kann mich richten Deutschland 2017 – 100min.

Filmkritik

Hoffnungslos verstrickt

Christopher  Diekhaus
Filmkritik: Christopher Diekhaus

Düster und pessimistisch geht es zu in Özgür Yildirims Gangsterthriller Nur Gott kann mich richten, der – wie so oft – vom Wunsch nach einem ehrbaren Leben und schicksalhaften Verstrickungen erzählt, die eben diese Sehnsucht zerstören. Atmosphärisch macht der in Hamburg geborene Regisseur und Drehbuchautor vieles richtig. Seine arg konstruierte Geschichte gleitet ihm allerdings zunehmend aus den Händen.

Fünf Jahre nach einem misslungenen Überfall wird der Kleingangster Ricky (Moritz Bleibtreu) aus dem Knast entlassen und startet mit dem Vorsatz in die Freiheit, nicht mehr kriminell zu werden. Um sich den Traum von einer eigenen Bar erfüllen zu können, fehlt dem Ex-Knacki jedoch das nötige Kleingeld, weshalb er sich nach kurzem Zögern von seinem alten Kumpel Latif (Kida Khodr Ramadan) zu einem letzten Coup überreden lässt: Gemeinsam sollen die beiden Freunde zum Schein bei einem Drogengeschäft den wertvollen Stoff entwenden und ihn anschließend wieder seinen ursprünglichen Besitzern aushändigen. Als Latif kurzfristig passen muss, hat Ricky ein Problem und wendet sich in seiner Not an seinen Bruder Rafael (stark: Edin Hasanović), der eigentlich nichts mehr mit ihm zu tun haben will, sich letzten Endes aber dazu durchringt, Ricky unter die Arme zu greifen. Zunächst läuft alles nach Plan. Doch dann kreuzen die Geschwister den Weg der von privaten Sorgen geplagten Polizistin Diana (Birgit Minichmayr), die kurzerhand die erbeuteten Drogen unterschlägt.

Finster-nihilistische Gangsterstoffe gibt es im deutschsprachigen Kino leider viel zu selten. Insofern ist Yildirims Eintauchen in die Abgründe der Frankfurter Unterwelt absolut begrüßenswert. Dass der Filmemacher ein Händchen für kompromisslose Milieu-Studien hat, stellte er bereits mit seinem abendfüllenden Debüt-Werk Chiko unter Beweis, das in der Drogenszene seiner Heimatstadt Hamburg spielte. Auch Nur Gott kann mich richten zeichnet mit seiner Konzentration auf zwielichtige Schauplätze – schummrige Bars, dunkle Hinterhöfe und alte Fabrikhallen – ein einprägsames, hochgradig stimmungsvolles Bild der kriminellen Subkultur und vermittelt den beklemmenden Eindruck, dass es für die Protagonisten aus diesem Umfeld keinen Ausweg gibt. Egal, wie sehr sie auch nach einem Neuanfang streben.

Die dynamische Inszenierung und das unnachgiebige Voranpeitschen der Handlung kaschieren zunächst die schematische und etwas wackelige Konstruktion des Drehbuchs. Mit fortlaufender Dauer schüttelt Yildirim allerdings immer mehr Zufälle und Unglaubwürdigkeiten aus dem Ärmel, um eine große Eskalation möglich zu machen. Wenig hilfreich ist außerdem das in manchen Momenten arg wundersam-naive Verhalten einiger Figuren, womit der Regisseur die Spannung und die Anteilnahme des Zuschauers torpediert. Über das infernalische Ende kann man sich durchaus freuen. Gleichzeitig beschleicht einen aber das Gefühl, dass der Weg dorthin weniger holzschnittartig hätte sein können.



20.02.2024

3

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Kommentare

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kritiker71

vor 6 Jahren

Top Unterhaltung ohne Durchhänger! Wer Bleibtreu mag, kommt voll auf seine Kosten. Das Deutsch-Arabische Milieu kommt glaubwürdig rüber, die Typen sind zum fürchten und die Sprüche teils vom feinsten. Die verschiedenen Handlungsstränge sind gut ineinander verflochten. Vier Sterne.


Patrick

vor 6 Jahren

Knallharter und Blutiger Gangster Thriller der im gleichen Stil wie Chiko( ebenfalls von Özgür Yildirim und mit Moritz Bleibtreu)daher kommt.Der Kamera Mann von Nur Gott kan mich richten ist ein Schweizer namens Matthias Bolliger der in Deutschland lebt.Ich habe Nur Gott kan mich Richten am ZFF.2017 in Anwesenheit von Moritz Bleibtreu und restlichem Cast sowie Filmemacher&Kameramann gesehen.Mehr anzeigen


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