Bittere Ernte Kanada, Frankreich 2018 – 76min.

Filmkritik

Unter dem Joch des freien Marktes

Julian Gerber
Filmkritik: Julian Gerber

Für Bauernromantik ist in Mathieu Roys Dokumentarfilm Bittere Ernte keinen Platz – ganz im Gegenteil, denn für viele Landwirte geht es ums nackte Überleben. Der kanadische Filmemacher rückt die humanitäre Katastrophe ins Bewusstsein und spricht gar von wirtschaftlichem Genozid.

Mag Freihandel in gewissen Fällen für Chancengleichheit und freien Wettbewerb sorgen, gibt es auf der Seite der Bauern meist nur Verlierer. Bittere Ernte thematisiert diesen Teufelskreis und lässt Bauern, Ökonomen und Journalisten zu Wort kommen. Der Dokumentarfilm nähert sich dem komplexen Thema an und zeigt auf, dass es sich dabei um ein globales Problem handelt, welches Kleinbauern aus aller Welt vor zum Teil unüberwindbare Schwierigkeiten stellt. Bauern aus Entwicklungsländern produzieren Nahrungsmittel, haben jedoch selbst kaum genug, um sich selbst zu ernähren. Währenddessen geraten Kleinbauern hierzulande in die Schuldenfalle, da, trotz Subventionen, vor allem die grossen Betriebe zu den Hauptprofiteuren der Schweizer Agrarpolitik zählen.

Bittere Ernte ist ein Hybrid aus Interviews und Momentaufnahmen, die Bauern unkommentiert in ihrem Alltag zeigen. Dabei lässt Regisseur Roy den Zuschauer die zeitraubende und intensive Arbeit der Landwirte spüren, indem er Kamerabewegungen vermeidet, und als Beobachter die Szenen für eine fast schon übertriebene Dauer ungeschnitten laufen lässt. Ansonsten sind es Interviewpartner, die über die Problematik berichten. Trotz des pessimistischen Grundtons der Dokumentation wurde aber auf eine ausgewogene Berichterstattung Wert gelegt – so kommen auch vermeintliche Profiteure oder Befürworter des vorherrschenden Systems zu Wort, wie zum Beispiel ein agrochemisches Schweizer Unternehmen oder die WTO. Obwohl diese als Teil des Problems entlarvt werden, erhebt der Film keine Anklage, sondern berichtet sachlich über die Missstände.

Mathieu Roys Dokumentation ist ein wichtiger Film, da er weltweite Zusammenhänge herunterzubrechen und dem Zuschauer vereinfacht zu vermitteln versucht. Dabei gewährt Bittere Ernte einen interessanten Einblick in die Problemstellung, und das ohne Anspruch auf eine vollumfängliche Aufarbeitung des Sachverhalts – was angesichts der Komplexität der Thematik auch kaum in angemessener Dauer möglich wäre. Lösungen, die dringendst benötigt wären, präsentiert der Film jedoch keine, und so bleibt am Schluss ein bitterer Nachgeschmack, der einen etwas hilflos zurücklässt.

20.02.2024

4

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