CH.FILM

Kinder machen Schweiz 2017 – 82min.

Filmkritik

Leben aus dem Labor

Irina Blum
Filmkritik: Irina Blum

Es ist die scheinbar natürlichste Sache der Welt, sozusagen der Ursprung jeglichen Lebens: Das Kinderkriegen. Wenn es damit aber doch nicht klappen sollte, kommt die Fortpflanzungsmedizin ins Spiel, die vielen Paaren wieder Hoffnung auf die Erfüllung ihres sehnlichen Kinderwunsches schenkt.

„Wir haben eine Menge Tools, eine Menge Möglichkeiten, das alles zu optimieren. Seien Sie ohne Sorge, wir kriegen Sie schon irgendwie schwanger“ beruhigt der deutsche Arzt zu Beginn ein Paar, bei dem es aufgrund von Zeitmangel mit dem Kinderkriegen einfach nicht klappen will. In Kinder machen geht es aber nicht um die Paare, bei denen das Bedürfnis nach Nachwuchs nicht gestillt werden kann, sondern vielmehr um die Möglichkeiten, die diesem Wunsch zur Wirklichkeit verhelfen können: Von der In-Vitro-Fertilisation, also der Befruchtung im Reagenzglas, hin zu Social Freezing, dem Einfrieren von gesunden Eizellen.

Betroffene Paare lässt die Dokumentation dabei bewusst aus und konzentriert sich von Beginn an auf den Stand der Fortpflanzungsmedizin und den Zuständigen dahinter: So wird die Berner Ärztin Elisabeth Berger-Menz bei der angeregten Diskussion über ein allfälliges Angebot von Social Freezing mit einer Arbeitskollegin gezeigt, Laborantinnen bei der oft liebevollen Behandlung von Eizellen und ein Physiker, wie er enthusiastisch seine Laser-Mikroskope vorstellt, welche die künstliche Befruchtung vereinfachen sollen.

Natürlich würde es einen Wunder nehmen, was aus den Paaren in den Beratungsgesprächen geworden ist. Aus der bewussten Konzentration auf die wissenschaftliche Seite ergeben sich aber auch Vorteile: Kinder machen ist mit seiner sachlichen aber gleichzeitig visuell ansprechenden Art gleichermassen informativ wie faszinierend. Auf Grossleinwand beobachten zu können, wie eine künstliche Befruchtung und damit eine Zeugung im Reagenzglas vonstattengeht, und gleichzeitig die technischen Details dahinter zu erfahren ist eine spannende Mischung und damit auf mehreren Ebenen sehr lehrreich. Spätestens wenn sich die Ärztin Berger-Menz auf einer internationalen Fachmesse die neusten Trends im Bereich der Fortpflanzungsmedizin begutachtet und diese zum Teil auch sehr kritisch analysiert, kommen auch ethische Überlegungen auf: Ist ein 5 Tage alter Embryo schon schützenswertes Leben? Gibt es bald nur noch perfekte Babies? Bis zu welchem Alter soll Social Freezing bei Frauen erlaubt sein? Und: Wie definiert man das alles auf politischer Ebene?

Obwohl sich die Off-Stimme von Barbara Burger während den kurzweiligen 82 Minuten manchmal auch wertend angehaucht äussert, lässt sich der Film nicht auf eine ethische oder moralische Diskussion ein, sondern setzt eher mit den zu Wort kommenden Betroffenen ein Statement – eine moralische Bewertung bleibt also schlussendlich dem Zuschauer überlassen. Kinder machen ist also weder von der Machart noch von der Thematik her leichter Stoff – Kinogängern, die gerne den Horizont erweitern und auf eine emotionale Inszenierung von werdenden Eltern und süssen Babies zu Gunsten von wissenschaftlichen, harten Fakten verzichten können, bietet die Dokumentation aber einen interessanten Einblick auf ein immer aktueller werdendes Thema in unserer Gesellschaft.

03.04.2024

4

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