Drei Zinnen Deutschland, Italien 2017 – 94min.

Filmkritik

Drei Figuren und drei Gipfel

Filmkritik: Marleen Fitterer

Es soll der erste gemeinsame Urlaub einer Patchworkfamilie werden. „Drei Zinnen“ von Jan Zabeil beginnt als harmloser Wanderausflug in die Alpen und verwandelt sich in einen Albtraum. Auf der Piazza Grande in Locarno feierte die deutsch-italienische Koproduktion Weltpremiere.

Aaron (Alexander Fehling) fährt mit seiner Freundin Lea (Bérénice Bejo) und deren achtjährigem Sohn Tristan (Arian Montgomery) in die Dolomiten in die Ferien. Eine Wanderung auf Aarons Lieblingsberg „Drei Zinnen“ soll das Verhältnis zu seinem Stiefsohn verbessern. Zu dritt beziehen sie eine einsame Berghütte unter den Gipfeln. Den Tag über sägen Tristan und Aaron Holz, spielen auf dem Harmonium oder gehen gemeinsam wandern, während Lea für ihren Job zu Hause arbeiten muss. Was die Bindung von Aaron und Tristan stärken soll, wird zu einem dauerhaften Kampf für alle Beteiligten. Jeder der drei will seine Rolle in dem schwierigen Beziehungsdreieck verteidigen. Aaron will aus Liebe zu Lea eine gute Vaterfigur abgeben und versucht krampfhaft, es dem Jungen recht zu machen. Dieser jedoch lässt ihn mit kleinen Schikanen immer wieder spüren, dass er Aaron nicht als neuen Vater akzeptiert. Doch auch Lea macht es den beiden nicht leicht, indem sie abwechselnd Partei ergreift und Aaron klar macht, dass Tristan nur einen Vater hat, nämlich seinen leiblichen. Dieser stört zudem durch regelmässige Kontrollanrufe auf Tristans Handy. Als Aaron und Tristan im Morgengrauen die drei Zinnen erklimmen, kommt es zu einer Auseinandersetzung, und die beiden verlieren sich. Es folgt ein Machtspiel, welches sich bis zum Ende um Leben und Tod dreht.

Wie schon in seinem Erstling „Der Fluss war einst ein Mensch“ (2012) hat Jan Zabeil auch „Drei Zinnen“ unter anspruchsvollen Bedingungen in imposanter Naturkulisse gedreht. Symbolträchtig ist der Filmtitel angelehnt an die Beziehung der drei Figuren zueinander. Sehr treffend fragt Tristan Aaron im ersten Teil des Films: "Ist das ein Berg mit drei Gipfeln oder drei verschiedene Berge?". Wie schon bei seinem Debüt entfaltet Zabeil in "Drei Zinnen" ein minimalistisches Universum: wenige Protagonisten, viel Stille, atemberaubende Bilder. Alexander Fehling, im Erstling noch in der afrikanischen Wildnis unterwegs, überzeugt auch hier mit vielen Facetten. Meistens ruhig und überlegt, manchmal aufbrausend und leidenschaftlich, am Ende stark und mutig ums Überleben kämpfend. Grossartig auch der erst achtjährige Arian Montgomery, der im Film französisch, englisch und deutsch spricht: Einerseits naiv, kindlich und ängstlich, zeigt er sich immer wieder auch rational, kalt und verletzend. Ob er sich letztlich für oder gegen Aaron entscheidet, bleibt offen.

Auch wenn der Plot ab der Hälfte einigermassen vorhersehbar sein mag, so ist Zabeil mit „Drei Zinnen“ dennoch ein fesselndes und glaubhaftes Drama gelungen, das im Genre des Bergfilms einen ganz eigenen Weg findet.

Die Autorin ist Teil der Critics Academy des Locarno Festival 2017.

07.08.2017

4

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