Churchill Grossbritannien 2017 – 110min.

Filmkritik

Mehr als nur eine Geschichtsstunde

Peter Osteried
Filmkritik: Peter Osteried

Er gilt vielen als der grösste Brite, der je gelebt hat: Winston Churchill. Sein Leben bot oft Stoff für Verfilmungen, Jonathan Teplitzky konzentriert sich jedoch auf die vier Tage vor der Erstürmung der Normandie im Juni 1944 – und er setzt auf einen überragenden Brian Cox, der eine der Glanzleistungen seiner Karriere abliefert.

Es sind nur noch wenige Tage, bis die "Operation Overlord" beginnt – die Erstürmung der Normandie durch die Alliierten. Alles ist geplant und vorbereitet, doch Winston Churchill, der britische Premierminister, befürchtet, dass dies ein Massaker werden könnte - nicht unähnlich dem, das er 1915 in Gallipoli zu verantworten hatte. Er versucht, General Montgomery und General Eisenhower umzustimmen, doch dies ist die beste Chance, die sich ergibt, um Frankreich zu befreien und das Nazi-Regime zurückzuschlagen. Die Tage und Stunden vor dem D-Day werden für Churchill jedoch zu einer Zerreissprobe.

Churchill ist ein beeindruckender Film, in dem Cox ganz und gar hinter der Rolle verschwindet. Man hat den Eindruck, als würde man Churchill selbst zusehen. Was der Mime hier abliefert, ist ein intimes, sehr emotionales Porträt, weil der Premierminister als ein Mann gezeichnet wird, auf dessen Gewissen die Tode Hunderttausender Soldaten schwer lasteten. In einer der besten Szenen des Films setzt Churchill den Oberkommandierenden Eisenhower in Kenntnis, dass er an Bord eines britischen Schiffs die Kanalüberquerung mitmachen wird. Das zeigt auch, was für ein Mann er war: Er wollte den einfachen Soldaten mit gutem Beispiel vorangehen und war der Meinung, dass Oberbefehlshaber das Schlachtfeld auch gesehen haben müssen.

In einer nicht minder beeindruckenden Szene spricht dann jedoch der König (grossartig: James Purefoy) auf Churchill ein: Ursprünglich so gewillt dazu, das Kriegsschiff zu besteigen, entscheidet sich der Staatsmann schlussendlich dann doch dagegen. Man könnte sagen, um kein Risiko für das eigene Leben einzugehen: Die Motivation ist schlüssig und stellt sich über die Wünsche des Einzelnen – auch über die von Churchill selbst. Ein grosses Eingeständnis für einen Mann, der in so vielen Kriegen gefochten hat und normalerweise an vorderster Front kämpft.

Die Rolle des aufopfernden Patrioten spielt Cox unglaublich vielschichtig. Es entsteht das Porträt eines Mannes, den man nach Sichtung dieses Werks ungleich besser verstehen kann. Churchill ist nicht nur beeindruckendes Schauspielkino, sondern zugleich auch eine lehrreiche Geschichtsstunde, und dabei exzellent ausgestattet und gefilmt. Als solche gehört diese Produktion zweifelsohne zu den besten Filmen des Jahres.

03.04.2024

4

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Kommentare

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Patrick

vor 6 Jahren

Brian Cox spielt Churchill sehr solide,und es kommt auch keine Langeweile auf.Auch für nicht Churchill Kenner ist es leicht der Story zu folgen.Churchill ist weniger Dialog lastig als die Version Die dunkelste Stunde(mehr Infos auf dieser Seite)mit Gary Oldman aber dafür spielt Herr Oldman Churchill noch besser als Brian Cox deswegen ist Oldman auch für den Oscar 2018 nominiert.Die Dunkleste Stunde hat mir auch Filmisch ein Zacken besser gefallen aber dennoch ist Churchill ein sehr unterhaltsamer Film.Dafür gibts 3.1/2 Sterne von 5.Mehr anzeigen


Jay_Lendold

vor 6 Jahren

Der Film thematisiert eine depressive Phase in Churchill's Leben um den D-Day. Weder erhält man Einblicke in das Leben von Churchill noch hat man danach eine Ahnung der rethorischen Fähigkeiten von Churchill. Weder erfährt man etwas über die zahllosen Entscheidungen während des Krieges noch über die vielen Auseinandersetzungen. Was der Film zeigt ist einen untentschlossenen, alkaholsüchtigen, rauchenden Premier, der allen lästig ist und sich mehr als peinlich aufführt. Der Film impliziert, dass selbst Churchills grosse Rede nach dem D-Day nur dank der Hilfe von andern zustande kam. Ob der Film auf recherchierten Tatsachen beruht lässt sich nicht beurteilen. Klar ist, dass Churchill auch nach dem Krieg noch bemerkenswerte Reden hielt und er diese wohl allein verfasst hat. Wer etwas über Churchill erfahren will, sollte seine Zeit in 10 Minuten Wikipedia investieren.Mehr anzeigen


thomasmarkus

vor 6 Jahren

Sehr hilfreich, wenn mann auch schon "the Kings speech" gesehen hat...


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