Anne Clark - I'll Walk Out Into Tomorrow Deutschland 2017 – 81min.

Filmkritik

Poetischer Sprechgesang

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

Sprechgesang trifft auf synthetische Beats und atmosphärische Düster-Romantik: Die mit stimmungsvollen Videoclip- und Konzert-Ausschnitten gespickte Doku gewährt spannende Einblicke in das Leben der Synthie-Pop-Musikerin und Poetin Anne Clark.

Clark wurde 1960 im Süden Englands in einfachste Verhältnisse geboren. Ein Aushilfsjob in einem Plattenladen Ende der 70er-Jahre sollte sich als prägend für ihren weiteren Lebensweg erweisen: Sie beschloss, Musikerin zu werden. Ihr 1982 erschienenes Debütwerk „The Sitting Room“ gilt als eines der wegweisenden Werke der Post-Punk-/Wave-Szene. Obwohl der Spoken-Word-Künstlerin der große Welthit versagt blieb, gehen dennoch zwei der bekanntesten Dark-Wave- und Synthie-Pop-Songs auf ihr Konto: „Our Darkness“ und „Sleeper in Metropolis“. Der Film widmet sich Clarks Leben und Werk.

Der Regisseur des Films, Claus Withopf, kennt Anne Clark schon lange. 2009 drehte er eine Konzertdoku von einem Auftritt der Wave-Musikerin in Mainz. Withopf, der in New York studierte, unterrichtet Film/Video an einer deutschen Hochschule. Daneben realisiert er als unabhängiger Filmemacher unter anderem Dokus und Musik-Clips.

Anne Clark ist eine handwerklich einwandfreie filmische Annäherung an eine der großen Poetinnen der britischen Pop-Musik. Withopf verbindet interessante Interview-Passagen mit ausgewählten Szenen aus legendären Video-Clips und Konzerten. Es entsteht so ein audiovisuell stimmiges Gesamtbild, für das sich Withopf sogar noch ein paar feine inszenatorische und optische Finessen ausgedacht hat.

Denn er übersetzt Clarks kunstvolle Texte hier und da in atmosphärische, fast träumerische Naturaufnahmen. Damit verdeutlicht er die mystische und schwermütige Note, die die Texte seit jeher auszeichnet. Zudem blendet Withopf ausgesuchte Text-Fragmente an dramaturgisch sinnvollen Stellen ein und visualisiert damit Clarks ausgefeilte Lyrik.

In den Gesprächen mit dem Regisseur zeigt sich die Musikerin weitestgehend offen und spricht über prägende Lebensereignisse. Etwa über ihre schwere Kindheit, in der sie Gewalt zu spüren bekam, ihren Ex-Manager, der sie beinahe in den (finanziellen) Ruin trieb, sowie ihre Zeit in Skandinavien, als sie sich eine Auszeit von der großen Bühne nahm. Schade ist, dass Withopf an spannenden Stellen nicht entschieden nachhakt und so letztlich doch einiges im Unklaren bleibt.

So hätte man als Zuschauer zum Beispiel gerne noch mehr über ihre selbstgewählte Isolation in Norwegen, ihren Kampf gegen Depressionen sowie ihren Einfluss auf die jüngere Wave- und Elektro-Szene erfahren. Empfehlenswert wäre zudem gewesen, außenstehende Beobachter, Musiker oder Musikkritiker zu befragen, um Clarks Werk nochmal aus einem neutralen Blickwinkel heraus eingeordnet zu bekommen.

13.04.2018

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