The Transfiguration USA 2016 – 97min.

Filmkritik

Wenn ein Soziopath Vampir spielt

Leslie Leuenberger
Filmkritik: Leslie Leuenberger

Let the right one in, Twilight, Only Lovers Left Alive – der Mythos Vampir wurde in den letzten Jahren dutzend Mal neuinterpretiert. Bewährt hat sich der Mix aus Tragödie und Romanze. Auch in The Transfiguration verliebt sich Teenager Milo in seine Nachbarin Sophie. Von Romantik ist aber nichts zu spüren. Michael O’Sheas Vampirfilm ist ein verstörendes Horrordrama.

Der 14-jährige Milo wächst in einer New Yorker Ghetto-Siedlung auf. Nach dem Suizid seiner Mutter bleibt ihm lediglich der ältere Bruder Lewis – ein depressiver Kriegsveteran, der sich während den ganzen 97 Minuten nur ein einziges Mal von Sofa und Fernseher wegbewegt. Von den Jungs aus der Nachbarschaft wird Milo regelmässig verprügelt und erniedrigt. Furchtbare Momente. Weitaus mehr Angst entwickelt man jedoch vor dem stillen Milo: Der Teenager hat eine krankhafte Obsession für Vampire entwickelt. Ob er immer noch Tiere verletze, fragt ihn die Sozialarbeiterin. Er verneint. Was nur der Zuschauer weiss: Milo ist schon längst auf Menschen umgestiegen. So sieht man dem Jungen zu, wie er einem von ihm auf der Herrentoilette erstochenen Geschäftsmann das Blut aus dem Hals schlürft.

Trauma, Gewalt und Vernachlässigung – die klassische Kindheit eines Monsters. Die Frage, ob Milo wirklich ein Vampir ist, wird nie abschliessend beantwortet. Dass Milo sich nach jeder Blutmahlzeit übergeben muss, lässt darauf schliessen, dass der Junge mit den leeren Augen eher unter die Kategorie „Soziopath“ fällt. Der mögliche Ursprung seiner Gelüste wird in Flashbacks angedeutet. Es sind Bilder seiner toten, blutverschmierten Mutter. Eines Abends trifft Milo auf Sophie - ebenfalls eine Aussenseiterin mit psychischen Problemen. Die zwei verlieben sich. Dank Sophie wandelt sich Milo wieder mehr zum Menschen. Hoffnung keimt auf.

Die erste Hälfte von The Transfiguration ist vielversprechend. Insbesondere die Killerszenen nehmen den Zuschauer in den Bann. Dazu trägt zum grossen Teil auch der einschneidende elektronische Soundmix bei. Das dank Handkamera leicht wackelnde Bild kreiert eine unangenehme Atmosphäre, die man sich bei einem Horrorfilm wünscht. Dennoch, Michael O’Sheas Langfilmdebüt scheitert. Coming-of-Age trifft auf Ghettofilm, trifft auf Vampirhorror. Es sind schlichtweg zu viele Genres für einen Film. The Transfiguration ist zudem vollgepackt mit Indie-Drama-Klischees: ein einsamer Freak, eine dysfunktionale Familie, böse Gangs in schwarzen Armenvierteln und ein unschuldiges Mädchen. Obwohl die Grundidee spannend ist, am Ende fehlt es dem Drama an Tiefgang.

10.04.2024

3

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