CH.FILM

Maximilian Kanada, Frankreich, Schweiz 2016 – 77min.

Filmkritik

Ein Kind, das keines mehr sein darf

Irina Blum
Filmkritik: Irina Blum

Während Gleichaltrige in den Ferien Fussball spielen oder Gamen, löst Maximilian im Ferienhaus der Eltern in Südfrankreich lieber komplizierte mathematische Aufgabenstellungen. Sein Vater greift ihm dabei immer wieder unter die Arme – doch eigentlich könnte der mittlerweile dreizehnjährige das auch locker alleine. Komplexe kognitive Probleme machen dem Schweizer nämlich absolut keine Mühe – so wenig Mühe, dass sein Intelligenzquotient nur noch mit 149+ angegeben werden kann: Er reizt die Skala komplett aus. Maximilian war mit seiner Hochbegabung seinen Klassenkameraden schon von Beginn an meilenweit voraus – in der Primarschule übersprang er drei Klassen und mit 11 Jahren legte er die Matura in Mathematik mit Bestnoten ab.

Die Dokumentation Maximilian zeigt Einblicke in das Leben des Hochbegabten und seinen Eltern und schiebt immer wieder Passagen von einem Zürcher Psychiater ein, der die Konsequenzen und Begebenheiten einer Hochbegabung darlegt. Dass das Leben mit einer überdurchschnittlichen Intelligenz nicht immer einfach ist, merkt man spätestens, wenn man Maximilian inmitten seiner rund drei bis vier Jahre älteren Mitschülern sieht: Der Junge ist körperlich klar unterlegen und wirkt oft noch wie ein Kind. Mit seinen ausgeprägten Interessen für Mathematik, Kosmologie und abstrakte Sachverhalte steht der dreizehnjährige oft alleine da; kaum ein Kind teilt seine Leidenschaft für die «Eleganz der Mathematik», wie er seine Passion selbst nennt.

Als der Fall von Maximilian, Sohn eines pensionierten Mathematikers und einer promovierten Betriebsökonomin, Zugang zu den Schweizer Medien fand, ging ein Aufschrei durch die Gesellschaft: Ein elfjähriger Junge wird zu Höchstleistungen gezwungen, ihm wird die Kindheit weggenommen, muss während der Freizeit seine Memoiren selbst schreiben - der Begriff der "Rabeneltern" war nicht selten zu lesen. Die Dokumentation schafft es geschickt, die Rolle der Eltern sehr neutral darzulegen – es bleibt beim Zuschauer, sich ein Urteil zu bilden. Das fällt einem aber nicht gerade leicht, weil die Perspektiven fehlen: Neben Maximilian werden lediglich die Eltern sowie ein Psychologe porträtiert. So bleiben viele Fragen offen: Wie geht man als Eltern mit Hochbegabung um? Muss sich die Gesellschaft mehr um ihre Genies kümmern? Ist Frühförderung sinnvoll? So bietet die Dokumentation zwar einen intimen Einblick in eine ungewohnte Welt, schafft es aber nicht, einen generellen Beitrag zum Umgang mit Hochbegabung in der Gesellschaft zu leisten.

28.06.2017

3

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