Sieben Minuten nach Mitternacht Spanien, USA 2016 – 108min.

Filmkritik

Die Macht der Geschichten

Peter Osteried
Filmkritik: Peter Osteried

Der auf dem Roman von Patrick Ness basierende Film ist ein wunderschönes, düsteres Märchen, das sicherlich nicht für die jüngsten Zuschauer ist, aber älteren Kindern unendlich viel bringen kann. Weil hier eine Geschichte erzählt wird, der sich letztlich jeder im Leben einmal stellen muss: dem Abschied eines geliebten Elternteils.

Der junge Conor hat es in der Schule nicht leicht, im Leben aber auch nicht. Denn seine Mutter ist tödlich krank, aber beide klammern sich an die Hoffnung, dass eine neue Therapie ihr helfen kann. Derweil lebt Conor bei seiner Großmutter, mit der er kaum etwas gemein hat, während sein Vater längst in den USA lebt und nur auf eine Stippvisite vorbeikommt. Aber dann erhält er Besuch von einem Monster, das immer um sieben Minuten nach Mitternacht auftaucht. Es erklärt Conor, dass es ihm drei Geschichten erzählen wird, die alle wahr sind – und danach muss Conor ihm eine vierte Geschichte erzählen.

Ness hat selbst das Drehbuch verfasst, das von J.A. Bayona gekonnt umgesetzt wurde. Denn A Monster Calls ist fast wie ein Albtraum, aber einer, der von einer tragischen Schönheit geprägt ist. Der Schrecken geht hier nicht vom Monster aus, das ein wenig an Groot aus Guardians of the Galaxy erinnert, sondern vom echten Leben mit den Schicksalsschlägen, die auch gute Menschen nicht verschonen. Es ist eine Geschichte über Verlust, aber auch über das Loslassen und das Weitermachen, über das Ende und den Anfang und alles dazwischen, getragen von einem sehr überzeugenden Jungdarsteller und einer narrativen Form, die an Werke wie Pan's Labyrinth erinnert.

Denn die Monstersequenzen sind von einer morbiden Pracht. Großartig sind zudem die animierten Geschichten, die das Monster erzählt und die allesamt darauf abzielen, dem Jungen eine wertvolle Lektion zu erteilen, auch wenn dieser sie nicht gleich erkennen kann. Es ist Ness' exzellentem Skript zu verdanken, dass das phantastische, aber natürlich nur imaginierte Geschehen so wunderbar die realen Ereignisse spiegelt. Beides bedingt einander, wodurch A Monster Calls zu einer noch durchdringenderen Erfahrung wird.

Es ist ein sehr ernstes Thema, das A Monster Calls beackert, aber herausgekommen ist ein Film, der Menschen, die ähnliches durchmachen, helfen kann. Weil in ihm auch Hoffnung steckt – nicht auf ein Wunder, sondern darauf, dass die wichtigen Momente im Leben bestehen und die Menschen, die man liebt, niemals wirklich weg sind. A Monster Calls ist ein bemerkenswerter Film mit einer noch eindringlicheren Botschaft: Dass man manchmal jemanden erst ganz fest an sich drücken muss, um ihn gehen lassen zu können.

14.04.2024

5

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Kommentare

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dulik

vor 6 Jahren

Absolut beeindruckendes Fantasy-Drama, welches einem auf verschiedenste Arten berührt. Trauer, Freude und Hoffnung: Die packende Geschichte rund um den Jungen Conor, welcher nicht wahrhaben will, dass seine Mutter im Sterben liegt, bietet die gesamte Gefühlspalette und lässt kein Auge trocken. Dies ist natürlich auch dem unglaublich starken Jungdarsteller Lewis MacDougall zu verdanken. Ein weiteres Highlight sind die mit Wasserfarben gezeichneten Träume. Diese faszinieren mit einer wundervollen und einzigarten Optik. Grandioses Gefühlskino.
9/10Mehr anzeigen


sum21

vor 6 Jahren

Ein sehr einfühlsamer Film mit einem ausgezeichneten jungen Hauptdarsteller, der die anderen Schauspieler vollkommen an die Wand spielt. Eine tragische Geschichte um eine Mutter Sohn Beziehung !
Dieser Film hätte meiner Meinung nach, eher einen Oscar verdient, als Moonlight !!!


martinu

vor 7 Jahren

Dass ein Film von Cineman mit 5* ausgezeichnet wird, geschieht (zurecht) selten. Hier ist diese Bewertung aber zu 100% gerechtfertigt. Der Film ist ein wahres Meisterwerk, voller Emotionen und Tiefgründigkeit. Die "Phantasy-Brücke" mit dem topanimierten Baum finde ich äusserst gelungen und verleiht dem Film nebst dem ernsten Thema eine zusätzliche visuelle Strahlkraft. Der Jungdarsteller Lewis MacDougall spielt grandios und absolut glaubwürdig. Warum führt man nicht endlich einen OSCAR für beste Jung-/Kinderdarsteller ein????? Auch Felicity Jones als Connors Mutter spielt die todkranke Mutter subtil und absolut glaubwürdig. Eine Schande, dass ein solches Meisterwerk bei der diesjährigen Oscarverleihung übergangen wird...absolut unverständlich!Mehr anzeigen


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