The Program Frankreich, Grossbritannien 2015 – 103min.

Filmkritik

Gewinnen lag ihm im Blut

Peter Osteried
Filmkritik: Peter Osteried

Gleich mehrere Filme über Lance Armstrong sind in Vorbereitung, Stephen Frears hat jedoch wie der Fahrradprofi das Rennen gemacht. Basierend auf dem Sachbuch von David Walsh erzählt Frears die Geschichte eines Mannes, für den Gewinnen alles ist. Sowohl John Hodges Skript als auch Ben Fosters Darstellung konzentrieren sich aber nicht nur auf diesen Aspekt des Mannes, sie zeichnen ihn deutlich vielschichtiger.

Als der Journalist David Walsh den Radrennprofi Lance Armstrong kennen lernt, ist dieser jung und hungrig – und er erkrankt kurz danach an Krebs. Die Krankheit kann er besiegen. Mehr noch, wie ein Phoenix aus der Asche erhebt er sich und gewinnt die Tour de France. Für Walsh ist das unglaublich, ist Armstrong in seinen Augen doch ein großartiger Tagesfahrer, aber niemand, der über die volle Distanz gehen und Berge erklimmen kann. Doch Armstrong gewinnt wieder und wieder – mit Hilfe eines raffinierten Dopingsystems, das Walsh entlarven will. Doch rund um Armstrong existiert eine Mauer des Schweigens. Bis sie Risse bekommt…

Es ist weniger die Geschichte von David Walsh, die hier erzählt wird. Er ist nur eine Randfigur, ein früher Rufer, der gemeinhin von allen ignoriert wurde. Die Historie hat ihm jedoch Recht gegeben. Der Film behandelt dies nur nebenbei, weit mehr ist er daran interessiert, das Porträt eines Mannes zu zeichnen, der für den Sieg alles tun würde. Der selbstverständlich lügt, der Kollegen einschüchtert, der vor Klagen nicht zurückschreckt, der auch zum Meineid bereit ist. Er ist – nach filmischen Maßstäben – der Schurke. Aber Ben Foster gelingt es, die Menschlichkeit des Mannes herauszufiltern.

Denn Armstrong ist eben mehr als das, er ist auch jemand, der mit seiner Stiftung Gutes getan, der ganze Nachmittage mit krebskranken Kindern verbracht, der mit seinem Buch Menschen inspiriert hat. Foster findet die richtigen Nuancen. Er schafft es, die Schizophrenie der Figur herauszuarbeiten, wenn er in der eigenen Wahrnehmung ein Held ist, zugleich jedoch den systematischen Betrug von sich weg zu schieben vermag. Das macht Armstrong vielleicht nicht sympathisch, aber menschlich.

So ist The Program vor allem die Geschichte von einem, der hoch hinaus wollte und tief fiel. Nicht jedoch der Sport-Thriller, als den der Verleih den Film verkaufen möchte. Eher schon eine fast dokumentarische Annäherung, die die Emotionalität der Geschichte und ihrer Figuren jedoch spielerisch greifbar werden lässt. Wenn es ein Manko gibt, dann, dass Frears der notwendige Raum fehlt, die Geschichte voll zu entfalten, gerade zum Ende hin wird alles ein wenig vignettenhaft. Doch Ben Fosters bemerkenswerte Darstellung ist der Kitt, der alles zusammenhält.

19.02.2024

4

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Kommentare

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8martin

vor 3 Jahren

Stephen Frears kann einfach alles. Hier hat er sich die entzauberte Ikone des Radsports Lance Armstrong (Ben Foster) vorgenommen, den siebenmaligen Gewinner der Tour de France. Der Verdacht hatte sich so gegen 2004 immer mehr verdichtet und viele wussten davon. Nur ein Beweis fehlte immer noch. Und der Held leugnete hartnäckig jemals leistungssteigernde Substanzen genommen zu haben. Der Journalist David Walsh (Chris O‘ Dowd), der Armstrong persönlich kannte, nahm die Fährte auf. Er wittert den Betrug und recherchiert im Umfeld. Als er eindeutige Beweise schuldig blieb, musste seine Zeitung Schadensersatz zahlen. Offiziell spricht alles für Armstrong: die überwundene Krebserkrankung und seine Stiftungen für Radsportler bringen dem verheirateten Vater in der Presse eine makellose weiße Veste ein. Armstrong zieht sich aus dem Sport zurück. Erst als seinen Nachfolger beim Toursieg, Floyd Landis (Jesse Plemons) Gewissensbisse schier auffressen gesteht der alles und zieht Armstrong mit ins Verderben.
Frears zeigt Armstrong als vom Ehrgeiz zerfressenen Radrennfahrer, der mit Hilfe von Sportarzt Ferrari (Guillaume Canet) ein nahezu perfektes System des Dopings aufgebaut hat. Er wird am Ende ein Opfer seiner grenzenlosen Ambitionen. Bleibt ein Image eines armen Würstchens, einsam und depressiv. Und wer in der Post-Armstrong Ära einen Tour Sieger auf dem Treppchen sieht, sagt sich: schau, da steht wieder ein Gedopter!
Frears verteufelt Armstrong nicht, macht ihn aber auch nicht zum Idol. Er ist lediglich ein Krimineller, der jahrelang gelogen hat.Mehr anzeigen


Patrick

vor 6 Jahren

Spannendes Biopic das wie ein Mafia Film daher kommt.Untermalt wird das ganze mit rasanten Velorenn - Szenen.


julianne

vor 8 Jahren

Superfilm bitter im Kino verpasst ist traurig was für Ende dieses genialen Sportler!!!! Mega ben Foster grosse Klasse!!!!!


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