The Lost City of Z - Die versunkene Stadt Z USA 2016 – 141min.

Filmkritik

Unbändiger Entdeckergeist

Christopher  Diekhaus
Filmkritik: Christopher Diekhaus

Dank des technologischen Fortschritts haben wir die Welt inzwischen bis in den letzten Winkel vermessen und können uns mit einem Mausklick ein Bild von weit entfernten Gegenden verschaffen. Ganz anders sah es noch vor hundert Jahren aus, als Forschungsexpeditionen unter größten Anstrengungen in viele unbekannte Regionen vorstießen. Vom Reisefieber gepackt wurde damals auch der britische Soldat Percy Fawcett, den es mehrere Male in den südamerikanischen Dschungel verschlug. Seine Erlebnisse schildert James Gray (The Immigrant) in der Bestselleradaption Die versunkene Stadt Z, einer Mischung aus Abenteuerfilm, Familiengeschichte und Sittenbild.

Da sein Vater den Namen der Familie beschmutzt hat, kommt der ehrgeizige Offizier Percy Fawcett (überzeugend: Charlie Hunnam) karrieretechnisch nicht voran. Neue Perspektiven tun sich auf, als ihn die Royal Geographical Society Anfang des 20. Jahrhunderts mit einem Spezialauftrag betraut. Um einen Grenzstreit zwischen Bolivien und Brasilien zu schlichten, soll der kartografisch bewanderte Fawcett ein bislang unerforschtes Amazonasgebiet vermessen. Zusammen mit seinem Assistenten Henry Costin (Robert Pattinson) begibt sich der junge Mann schließlich auf eine strapaziöse Reise, bei der ihm Gerüchte von einer versunkenen Stadt und einer unbekannten Hochkultur zu Ohren kommen. Als er im Regenwald Hinweise auf den sagenumwobenen Ort entdeckt, ist er fest entschlossen, ihn zu finden. Hohn und Spott schlagen Fawcett allerdings nach seiner Rückkehr in die Heimat entgegen, wo er seine rudimentären Belege und Theorien vor Wissenschaftlern präsentiert.

Anders als Werner Herzogs Dschungelklassiker Aguirre, der Zorn Gottes, an den man bei Die versunkene Stadt Z unweigerlich denken muss, konzentriert sich Gray nicht nur auf eine wahnwitzige, dem Untergang geweihte Expedition. Vielmehr ist er bemüht, ein detailliertes Bild von Fawcetts Persönlichkeit und den historischen Hintergründen zu entwerfen. Wiederholt nimmt sich der Regisseur Zeit, um das rigorose britische Klassensystem zu illustrieren oder aber das Verhältnis des Protagonisten zu seiner Ehefrau Nina (Sienna Miller) zu beleuchten, das die Ambivalenz des Forschungsreisenden treffend unterstreicht. Einerseits stellt er das damalige koloniale Überlegenheitsdenken in Frage. Andererseits entlarvt ihn sein starres Verständnis der Geschlechterrollen als Kind seiner Zeit.

Brüche wie dieser heben den in erdige Farben getauchten, ansprechend fotografierten Film über lediglich spannungsorientiertes Abenteuerkino hinaus. Gleichzeitig zwingt der umfangreiche, knapp zwei Jahrzehnte umfassende Handlungsbogen Gray aber auch zu Verknappungen, die manchmal unangenehm ins Auge stechen. Ein wenig erschöpfender hätte das Biopic etwa die zunächst konfliktreiche Beziehung zwischen Fawcett und seinem ältesten Sohn Jack (Tom Holland) sowie das Erwachen von Percys obsessivem Forschergeist beschreiben können. Trotz dieser Schwächen und einiger historischer Vereinfachungen lohnt sich ein Gang ins Kino.

20.02.2024

4

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Kommentare

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roland_brgi

vor 6 Jahren

Kann mich sa.set nur anschliessen. Äusserst interessant! Und dies aus USA


Travelmichi

vor 6 Jahren

Langatmiger Biopic der nie wirklich auf Touren kommt und jedesmal wenn es etwas spannend werden könnte, ist wieder ein Zeitsprung und der Held wieder in England. Langatmig um nicht langweilig sagen zu müssen. Muss man nicht gesehen haben.


Sa.set

vor 6 Jahren

Kein Indiana Jones und kein Die Mumie. Wer das erwartet wird entäuscht. Wer sich zuvor mit Kritiken und Kommentaren zum Film herausgesetzt hat, weiss das aber. Der Film ist mit seiner ruhigen Erzählweise und seinen 140 min nicht für jedermann. Die Suche nach der Versunkened Stadt Z bietet Charakter Kino im Stile Werner Herzogs Aguire und Fitzcarraldo und noch ein bisschen Apocalypse Now von Coppola.
Wer sich darauf einlassen mag, hab den Kollegen vor dem Kino genaustens gesagt was ihn erwarten wird, erhält ein optisch bezauberndes Drama über einen Mann der von einen Ziel getrieben wurde, das einen hohen Preis fordert.
Der Film vermittelt in meinen Augen diesen Trieb und den dazugehörigen Konflikt mit Familie und Co. perfekt.
Wer jedoch ein seichtes Abenteuer erwartet, im Sinne von Indiana Jones, wird enttäuscht. Der geht tiefer.Mehr anzeigen


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