Mr. Holmes Grossbritannien, USA 2015 – 103min.

Filmkritik

Die Zähmung eines Widerspenstigen

Michael Lang
Filmkritik: Michael Lang

Meisterdetektiv Sherlock Holmes und sein Gefährte Dr Watson, vom britischen Arzt und Schriftsteller Sir Arthur Conan Doyle (1859-1930) als Literaturfigur erfunden, wuseln in mannigfacher Form durch die Filmhistorie. Von den Anfängen bis heute. Jetzt fügt der amerikanische Oscar-Preisträger Bill Condon eine weitere Facette hinzu. Seine Romanverfilmung berichtet vom Ermittler im Unruhestand, der 1947 einen ungelösten Fall aufklären will. In der Titelrolle glänzt Ian McKellen.

Im wahren Leben ist er 76 und verkörpert nun einen 93-jährigen Greis mit der Souveränität, die nur ein begnadeter Theater- und Filmstar herzeigen kann. Der Plot, basierend auf einer Novelle von Mitch Cullinon von 2005, beginnt, als Holmes nach einer mysteriös verlaufenen Japanreise auf sein Landgut in Sussex, unweit des Ärmelkanals, heimkehrt. Von Rheumaschüben geplagt, kämpft er dort gegen immer stärker werdenden Anzeichen von Gedächtnisverlust an, will aber (aus verletztem Stolz) endlich die Puzzlesteine eines weit zurückliegenden, ungelösten Kriminalfalls zusammenfügen. Es ging damals um einen eifersüchtigen Ehemann, dessen kinderlose, depressive Gattin (an der Holmes offenkundig Gefallen fand) und ein Musikinstrument, das angeblich okkulte Geschehnisse auslösen konnte.

Die Haupthandlung spielt an Holmes' idyllischem Alterssitz. Wobei man den Hausherrn lange nicht als sympathischen Menschen wahrnimmt: Die herztiefe Fürsorge seiner Haushälterin Mrs Munro (Laura Linney) hält der Knorrige für selbstverständlich. Ohne zu registrieren, dass sich die brave Frau mit dem Gedanken trägt, eine neue Anstellung zu suchen. Weil sie ahnt, dass bald der Moment kommen könnte, wo sie mit ihrem aufgeweckten Sohn Roger (Milo Parker spielt ihn vorzüglich) ohne wirtschaftliche Absicherung dastehen könnte.

Gut, dass der Vierzehnjährige Holmes bewundert, dessen Passion für die Bienenzucht teilt und dank seiner Intelligenz selber detektivische Fähigkeiten offenbart. Das schmeichelt, ja imponiert dem Senioren und spielt ihm in die Karten: Er muss nun nicht mehr seine Hemdsmanschetten vollkritzeln und als Spickzettel benutzen, weil ihm peinlicherweise der Name eines Gesprächspartners entglitten ist. In Roger hat er einen juvenilen Assistenten, der gewissermassen den Widerspenstigen zu zähmen weiss.

Mr Holmes ist kein spannenden Kriminalfilm im klassischen Sinne, kein Sherlock-Holmes-Abenteuer wie aus dem Bilderbuch. Bill Condons Drama ist eher etwas für Sherlock-Holmes-Insider, die über das plakative Image vom coolen Meisterschnüffler hinauszudenken vermögen. Und sich an einer verschrobenen, unaufgeregt inszenierten, von Ironie durchwehten Story über eine wunderbare Freundschaft delektieren wollen.

16.04.2024

3

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Kommentare

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frozone

vor 7 Jahren

Kleines Juwel, das ohne grosse Story und aufgeblasene Special-Effects auskommt. Der Film lebt voll und ganz von seinen charismatischen Darstellern. Allen voran Sir Ian McKellen, der den alternden Sherlock Holmes so überzeugend spielt, als hätte Arthur Conan Doyle seinen Meisterdetektiven nach dessen Vorbild erschaffen statt umgekehrt.Mehr anzeigen


holiday88

vor 8 Jahren

Ian McKellen überzeugt als Sherlock Holmes, auch die Story an sich ist ganz interessant. Insgesamt fand ich den Film aber etwas langatmig, daher nur 3 Sterne.


sum21

vor 8 Jahren

Ausgezeichneter Film, diesmal über einen charmanten Sherlock Holmes, der nicht in seine sonstige arrogante Weise gezeigt wird, sondern einfühlsam und verständnisvoll.


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