Der Clan Argentinien, Spanien 2015 – 110min.

Filmkritik

Eine schrecklich nette Familie

Christopher  Diekhaus
Filmkritik: Christopher Diekhaus

Bei den Filmfestspielen von Venedig wurde Pablo Traperos El Clan 2015 mit dem Regiepreis ausgezeichnet. Kein Zufall, denn der auf wahren Begebenheiten beruhende Crime-Thriller ist wirkungsvoll inszeniert und vermischt geschickt eine abgründige Familienchronik mit historischen Entwicklungen in Argentinien.

Buenos Aires in den frühen 1980er Jahren: Nach außen wirken die Puccios wie eine normale, gutbürgerliche Familie, doch in Wahrheit betreibt Patriarch Arquímedes (Guillermo Francella) ein grausames Geschäft. Unter dem Deckmantel der Militärjunta entführt er mit seinen Handlangern wohlhabende Bürger, kassiert ein Lösegeld und räumt die Opfer anschließend aus dem Weg. Zuarbeiten muss ihm dabei auch sein ältester Sohn Alejandro (Peter Lanzani), ein nationaler Rugby-Star, der irgendwann Gewissensbisse bekommt. Selbst als die Diktatur 1983 zusammenbricht, ist Arquímedes nicht bereit, seine kriminellen Machenschaften aufzugeben.

Kaum zu glauben, aber die Puccios gab es wirklich. Ihr Fall sorgte in Argentinien für reichlich Wirbel und bietet dank seiner skandalösen Ausmaße genügend Stoff für einen fesselnden Kinofilm. In seinem Heimatland entpuppte sich die True-Crime-Erzählung dann auch als veritabler Kassenschlager, der weit mehr als zweieinhalb Millionen Zuschauer vor die Leinwand locken konnte.

Hoch anzurechnen ist Trapero, dass El Clan nicht zu einem billigen Reißer verkommt, obwohl der Argentinier mit manchen Regieentscheidungen durchaus provoziert. So geht in einer Sequenz das lustvolle Stöhnen beim Sex zwischen Alejandro und seiner neuen Freundin in die verzweifelten Schreie eines Entführungsopfers über. Zudem arbeitet der Film immer wieder mit Popsongs, die das dramatische Geschehen konterkarieren, gleichzeitig aber auch das Unbehagen steigern.

Dreh- und Angelpunkt des mitreißend inszenierten Thrillers ist ohne Frage der von Guillermo Francella kühl und autoritär gespielte Arquímedes, dessen stechender Blick kein Mitgefühl zu kennen scheint. Ein Mann, der seine Taten für ganz normale Arbeit hält und von seinen Angehörigen bedingungslosen Einsatz fordert. Während die Frauenfiguren eher blass bleiben, konzentriert sich Trapero auf die komplexe Beziehung zwischen dem Oberhaupt und Alejandro, ohne dabei eine simple Läuterungsgeschichte loszutreten. Abgerundet wird der positive Eindruck dadurch, dass der Film sein monströses Familienporträt prägnant mit der gesellschaftlichen Umbruchszeit zwischen Militärdiktatur und junger Demokratie verbindet. Nach und nach entsteht so ein Bild, das viel über die Mechanismen in einem Unterdrückungsstaat und dessen mühsame Überwindung aussagt.

14.03.2016

4

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