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Die Wolken von Sils Maria Frankreich, Deutschland, Schweiz 2014 – 120min.

Filmkritik

Über den Wolken

Urs Arnold
Filmkritik: Urs Arnold

Zwei Weltstars im Engadin: Sils Maria gibt einen eigenwilligen Einblick in die Film- und Theaterwelt. Und in ein Wetterphänomen.

"Hier saß ich, wartend, wartend, – doch auf Nichts / Jenseits von Gut und Böse, bald des Lichts". So der Beginn von Friedrich Nietzsches Gedicht "Sils-Maria". Nietzsche besuchte den Ort, ein Gemeindeteil des Engadiner Dorfes Sils, zwischen 1881 und 1888 regelmässig. Später sollte auch Hermann Hesse immer wieder zu Gast in Sils-Maria sein. Nicht verbürgt ist, ob sie das Naturspektakel miterlebten, das sich Maloja-Schlange nennt: Nebel, der sich durchs Tal schlängelt, um bald über den Malojapass davonzukriechen.

Auch Wilhelm Melchior, ein gefeierter Filmstar, ist in seinen alten Tagen in Sils-Maria heimisch geworden. Als er in den Weiten der Graubündner Natur Selbstmord begeht, ist Maria Enders (Juliette Binoche) tief davon betroffen. Mit ihm hatte sie als 18-jährige Schauspielerin in "Maloja Snake" gespielt, wodurch sie zum Star wurde.

Trotz des Todes ihres Mentors willigt Enders dennoch ein, bei einer Theateradaption von "Maloja Snake" mitzuspielen. Dieses Mal soll sie jedoch den Part der älteren weiblichen Hauptperson übernehmen, wurde der Film doch schon vor über 20 Jahren gedreht. Für ihre einstige Rolle der Sigrid verpflichtet Regisseur Klaus Diesterweg (Lars Eidinger) den blutjungen Shootingstar Jo-Ann Ellis (Chloë Grace Moretz).

Auf Melchiors Anwesen bereitet sich Maria mit der Hilfe ihrer Assistentin Valentine (Kristen Stewart) auf das Projekt vor. Die beiden unterhalten über das berufliche Verhältnis hinaus ein überaus freundschaftliches. Das Skript, in dem die junge, betörende Sigrid auf die reife, verletzliche Helena trifft, bildet jedoch irritierend getreu ihre beiden Charaktere ab, die letztendlich voller Unterschiede sind.

Sils Maria könnte selbst ein Theaterstück sein: Äusserst dialoglastig, entwickelt es sich nach einer etwas langgezogenen Einleitung zu einem Kammerspiel zwischen Juliette Binoche und Kristen Stewart. Olivier Assayas darf man für die Wahl der beiden nur schon deshalb gratulieren, weil die nun 50-jährige europäische Aktrice und die junge Blockbuster-Schauspielerin tatsächlich auch in der Realität offensichtlich Gegensätze darstellen. Bemerkenswert sind die Leistungen beider: Binoche und Stewart schaukeln sich hier gegenseitig hoch, wobei Stewart der Französin stets auf Augenhöhe begegnet. Chapeau.

Es mag Sils Maria an inhaltlicher Kompaktheit fehlen, was einzelne Worte wegen der sich verminderten Konzentration dann und wann einfach vorbeiziehen lässt. In seiner Gesamtheit aber ist dieser Einblick in die Kreativwelt eigen und interessant. Sils Maria lässt uns den Starkosmos in seiner Veränderlichkeit und Starre ergründen. Die Veränderlichkeit bezieht sich vornehmlich aufs Internet, die Starre ist die Tatsache, dass heute wie vor 50 Jahren die Jungen den Älteren – vor allem bei den Frauen – den Schneid abkaufen.

19.05.2023

3

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Kommentare

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Patrick

vor 7 Jahren

Ziemlich zähes Drama,das aber mit guten Dialogen und famosen Darstellern gespickt ist,das war wohl auch das Ziel des Filmes.Die Bündner Berglandschaft ist sehr mystisch dargestellt das passt zum Film.


matile

vor 8 Jahren

Die Maloja-Schlange kriecht nicht über den Malojapass davon, sondern in entgegengesetzter Richtung durch das Oberengadin.


Travelmichi

vor 8 Jahren

Film sehr langatmig und langweilig. Schauspielerische Leistungen top, allen voran Chloë Grace Moretz.


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