5 Flights Up USA 2014 – 92min.

Filmkritik

Keaton und Freeman bröckeln in Brooklyn

Filmkritik: Leonie Krähenbühl

Ruth & Alex erzählt vom Älterwerden in einem New Yorker Quartier, das immer jünger wird. In den Hauptrollen glänzen Diane Keaton und Morgan Freeman.

In Scharen fahren sie in Brooklyn ein, die jungen Eltern mit ihren kleinwagenteuren Kinderwägen und ihrer Vorliebe für Bioläden und Pilates-Karma-Kurse, in denen sie sich vom Dealen an der Börse und vom urbanen Stress erholen. Für Alex (Morgan Freeman) und Ruth (Diane Keaton) steht fest: Früher war alles besser. Früher, als man in den Augen eines Manhattan-Bewohners ebenso gut nach Nebraska hätte ziehen können, wenn man sich in Brooklyn niederliess. Früher, als dort alles noch schön abgeranzt und günstig und frisch zu erobern war. Doch während ihr geliebtes Quartier und seine Bewohner immer jünger und fitter werden, werden Ruth und Alex immer älter - und die Treppenstufen hinauf zu ihrem Apartment zur Belastungsprobe.

So ist das Gefühl des Fremdseins das zentrale Thema in Richard Loncraines Ruth & Alex: Fremd an einem Ort, der einst das Zuhause war – und zunehmend fremd auch im eigenen Körper, der erst noch viel besser gehorchte. Die Idee, die altersbedingte Entwurzelung am Phänomen der Gentrifizierung zu verdeutlichen, basiert auf dem 2009 erschienen Buch "Heroic Measures" der Amerikanerin Jill Ciment, die das ohnehin schon feindselige Setting noch um eine Katastrophenkomponente erweitert: Ein Gastransporter steckt fest auf der Williamsburg-Bridge; der muslimische Fahrer ist flüchtig und die 9/11-traumatisierte Stadt hält aus Angst vor einem terroristischen Akt den Atem an. Ausgerechnet in dieser Schwebe muss das Paar nun seine Wohnung verkaufen – und ihren ebenfalls ins Alter gekommenen Hund zur Notfall-OP freigeben.

Es hat sich also viel vorgenommen, dieses Drehbuch. Dass es uns dabei nicht in Fetzen um die Ohren fliegt, verdanken wir dem federleichten Spiel von Keaton und Freeman. Sie machen zuweilen den Eindruck, als würden sie aus purer Freude an der Sache mitwirken; als würden Keatons leicht hysterische und Freemans lakonische Dialogzeilen ganz ohne Regieanweisungen sitzen. Und ja, mit dem Altern und seinen Krämpfen kennen sich die Beiden natürlich aus: Keaton ist 68, Freeman 77 – da fliessen wohl auch eigene Anekdoten mit ein. Toll besetzt ist auch Cynthia Nixon (Miranda aus Sex and the City) in ihrer Rolle als übereifrige Immobilienmaklerin, die mit zackigen Ratgeberfloskeln – "you snooze, you lose" - denkbar quer steht zu Ruths & Alexs Sehnsucht nach der Konservierung der guten alten Zeit.

Dramaturgisch gelungen ist auch die Unaufgeregtheit, in der die verschiedenen Handlungsebenen aneinander vorbeikommen – wo sie doch schon für sich alleine genug Ausfransungspotential bieten würden. Denn trotz Hund und Terrorist schafft es die Geschichte, dort dranzubleiben, wo sie hingehört: Bei ihren Protagonisten. Ihrem Titel wird sie so tatsächlich gerecht.

Schade nur, gelingt es auch hier nicht wirklich, das genretypische Abseits zu umschiffen – stellenweise driftet alles gar ins Klamaukige ab. Und beim obligaten Pathosüberschuss am Schluss – am Exempel des Terroristen wartet Alex mit der ganz grossen Erkenntnis auf – wird’s denn gar triefig. Da helfen auch die witzigen Nachrichteneinspieler nicht weiter, die die öffentliche Terroristenjagd zuvor ad absurdum führten. Doch, man ahnt es: Glücklich grinsen tut man am Ende trotzdem.



08.10.2014

3

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