Refugiado Argentinien, Kolumbien, Frankreich, Polen 2014 – 93min.

Filmkritik

Zusammengeschweisst

Filmkritik: Eduard Ulrich

Wenn ein Vater und Ehemann seine Ehefrau und Mutter des gemeinsamen Kindes malträtiert und terrorisiert, ist guter Rat teuer. Dies müssen auch Laura und ihr achtjähriger Sohn Matias erfahren. Diego Lerman macht daraus aber kein sentimentales Rührstück, er konzentriert sich auf die Entwicklung des kleinen Buben und schickt Mutter und Sohn auf eine Odyssee durch ihre Heimstadt Buenos Aires. Diese Reise inszeniert er abwechslungsreich, kann aber gewisse Längen auch mit einigen fragwürdigen Tricks nicht kaschieren.

Häusliche Gewalt ist in vielen Ländern ein Thema. Geht es zudem um die Frage, ob ein im Mutterleib heranwachsendes Kind vom angetrauten Ehemann stammt oder vom Chef der Schwangeren, liegen die Nerven schnell einmal blank - nicht nur in Argentinien. Die Bandbreite der Handgreiflichkeiten ist hoch, aber womit uns Diego Lerman konfrontiert, ist harter Tobak.

Matias ist im Hort, wo richtig gefeiert wird. Als es schon spät ist, und er immer noch nicht abgeholt wurde, bringt ihn die Betreuerin schließlich selbst nach Hause. Was die beiden dort zu sehen bekommen, schockiert und verstört sie dermaßen, dass das bisherige Leben der Familie ziemlich sicher Geschichte ist. Denn der Ehemann hat seine Frau beinah umgebracht, und als Zuschauer oder Zuschauerin erwartet man, dass das ungeborene Kind nicht mehr lebt. Ab diesem Moment der Zäsur werden Mutter und Kind zu Flüchtlingen in ihrer Heimatstadt Buenos Aires, denn der Noch-Ehemann läuft frei herum. So bietet die bisherige Wohnung keinen Schutz, auch im Bekanntenkreis sind die beiden nicht sicher.

Diego Lerman, Regisseur und Co-Autor des Drehbuchs, findet einen indivuellen Zugang: Er nimmt die Perspektive des kleinen Buben ein. Und er hat sich noch einen weiteren Kniff überlegt, der sich logisch aus seiner Konzentration auf die Mutter-Kind-Beziehung ergibt. Wie eine Nussschale im Ozean lässt er das Tandem durch die Stadt tingeln, nur auf sich selbst bezogen, nur einander vertrauend. Dies bietet aber dem kleinen Matias eine Entwicklungschance, die er ganz natürlich wahrnimmt. Dass dies nicht über die volle Distanz tragen würde, war Lerman klar, und so zündet er schließlich noch einen Nachbrenner, der dem letzten Drittel eine neue Wende verleiht. Bei aller Sorgfalt und bewusster Gestaltung bedauert man, dass er mit einigen unnötigen und unplausiblen dramaturgischen Tricks für Spannung sorgt.

19.02.2024

3

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