Pas son genre Belgien, Frankreich 2014 – 111min.

Filmkritik

Kein Fall für zwei

Michael Lang
Filmkritik: Michael Lang

Clément ist Philosophieprofessor, Schriftsteller und Schürzenjäger in Paris. Doch mit dem süssen Bohème-Dasein ist es für den Filou vorderhand aus, als in Arras dringend ein Dozent gesucht wird und die Schulleitung den genussfreudigen Single in die spiessige Provinzstadt ab delegiert. Dort trifft er die kecke Coiffeuse Jennifer (Emilie Dequenne) und schon beginnt eine bitterherbe Romanze. Lucas Belvaux hat sie mit dem hinreissenden Schauspielduo Emilie Dequenne und Loïc Corbery apart inszeniert.

Clément behält zwar sein Appartement in Paris, aber unter der Woche haust er im Hotel in einer Umgebung, die seinen weltläufigen Ausgehansprüchen keinesfalls entsprechen. Und was ist mit Frauen? Die Kolleginnen sind, wenn interessant, verheiratet. Gut, dass Clément beim Haareschneiden Jennifer kennenlernt, eine bezaubernde Blondine, die mit ihrem kleinen Sohn zusammen lebt. Sie ist ein Fan der Hollywood-Grösse Jennifer Aniston und singt in der Freizeit mit ihren flotten Multikulti-Freundinnen gerne in einer Karaoke-Bar.

Clément mag in Arras nicht ohne Liebschaft sein und nimmt Witterung auf: Das erste Tête-à-Tête mit Jennifer verläuft verheissungsvoll und bald kann man nicht mehr voneinander lassen. Dass Monsieur sich ansonsten mit Immanuel Kant oder Marcel Proust befasst und Madame mit dem Klatsch und Tratsch in People-Magazinen, ist in jeder ersten Verliebten-Phase bekanntlich kaum ein Problem.

Das ändert sich bald, weil der neunmalkluge Dozent die zwar nicht gebildete, aber aufgeweckte Jennifer gönnerhaft behandelt, sich ungern mit ihr in der Öffentlichkeit zeigt, geschweige denn sie mal nach Paris einlädt. Logisch, dass die geerdete Jennifer aufbegehrt: Sie sucht auch wegen ihrem Kind eine echte Partnerschaft und hat wenig Bock darauf, bloss Cléments "Bettmümpfeli" zu sein und ihn anzuhimmeln. Es wird klar: Clément und Jennifer, das ist kein Fall für Zwei.

Regisseur Lucas Belvaux – er ist selber auch Schauspieler – ist als Thriller-Spezialist bekannt und hat nun eine Romanvorlage von Philippe Vilain verfilmt. Was auf den ersten Blick wie ein Klischee-TV-Film aus der Abteilung "Weltmann trifft Huscheli" anmutet, entpuppt sich bald als recht subtiles Psychogramm.

Immer wieder erstaunlich, wie das französische Unterhaltungskino Zwischenmenschliches auf den Punkt zu bringen weiss. Hier gelingt das, weil vorab die Protagonisten brillieren: Loïc Corbery (Mitglied der exquisiten Comédie Française) sowie die Belgierin Emilie Dequenne (Rosetta) sorgen dafür, dass das Duell der überquellenden oder unterdrückten Emotionen nicht zur sterilen Beziehungsschnulze verkümmert. Im Gegenteil: Pas son genre spiegelt die soziale, intellektuelle, genderspezifische unerträgliche Leichtigkeit des Seins authentisch.

14.07.2015

3

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