Die Sprache des Herzens Frankreich 2014 – 95min.

Filmkritik

Ohne Worte

Urs Arnold
Filmkritik: Urs Arnold

Ein blindes und taubstummes, aber kein dummes Kind: Marie Heurtin erzählt die Geschichte eines Mädchens und der Nonne, die ihr eine Stimme gibt.

Als Ende des 19. Jahrhunderts das taubstumme und blinde Mädchen Marie (Ariana Rivoire) von ihrem Vater ins Kloster Larnay gebracht wird, klettert es erst einmal auf einen Baum. Runterholen soll es Schwester Marguerite (Isabelle Carré), was ihr nicht gelingt. Eine einzige Berührung von Marie genügt jedoch, um sie darin zu bestärken, sich dem Kind anzunehmen.

Mehrere Monate später wartet Schwester Marguerite immer noch auf den ersten Erfolgsmoment mit Marie. Der struppige Wildfang sträubt sich vehement gegen alles, was ihm fremd oder als Zwang erscheint. Ist Marie etwa doch geistig zurückgeblieben? Schwester Marguerite akzeptiert diesen Gedanken bar all ihrer Frustration nicht; beharrlich geht sie den eingeschlagenen Weg weiter.

Und tatsächlich: Nach einem halben Jahr stellen sich die ersten kleinen Fortschritte ein. Marie fängt an sich zu waschen, selber die Schaukel zu schwingen. Gegenüber der Schwester zeigt sie scheue erste Zeichen der Zuneigung. Diese will nun mit rigider Entschlossenheit den Gordischen Knoten beim Mädchen lösen; sie will, dass das Mädchen kommunizieren lernt, und so aus ihrem inneren Gefängnis ausbrechen kann.

Die Geschichte von Marie Heurtin ist eine wahre, und ist vergleichbar mit der der taubblinden amerikanischen Schriftstellerin Hellen Keller (die in The Miracle Worker verfilmt wurde). Kellers Fall ist weitaus bekannter, durch ihn wurde Regisseur Jean-Pierre Améris auf Marie Heurtin aufmerksam. Erst einmal auf sie gestossen, besuchte Améris postwendend das ehemalige Kloster in der Nähe des französischen Portiers, das heute ein Institut für taubstumme Kinder ist.

Améris wandelte sein gesammeltes Wissen in ein Drehbuch um, und letztendlich zu einem subtil gefertigten Film, der durch sein mit viel Natur durchsetztes Setting viel Ruhe verströmt. In Isabelle Carré fand der französische Regisseur eine wundervolle Besetzung, gleich wie in der tauben Ariana Rivoire als Marie Heurtin. Als Ensemble können die beiden vor allem in der zweiten Filmhälfte ihr Zusammenspiel vertiefen. In dieser ist die starre Zuordnung Lehrerin – Schülerin einem innigen Verhältnis zweier sich stark verbunden fühlenden Menschen gewichen.

Mit dem sich verschlechternden Gesundheitszustand von Marguerite krümmt sich die dramatische Kurve von Marie Heurtin gegen Ende markant. Doch auch hier erzwingt der Film die Emotionen in keinster Weise. Abgesehen davon leistet Marie Heurtin gar Wesentliches: Nach betrüblichen Filmen wie Philomena oder La Religieuse war es durchaus an der Zeit, die göttlichen Würdeträgerinnen mal wieder im Licht der Güte und Selbstlosigkeit zu zeigen.

16.04.2024

4

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Kommentare

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Rsanti

vor 9 Jahren

Empfehlenswert


mgrab

vor 9 Jahren

ein Favorit


Celine_Door

vor 9 Jahren

wirklich toll!!!


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