Die Schüler der Madame Anne Frankreich 2014 – 105min.

Filmkritik

Gemeinsam für ein Ziel

Christopher  Diekhaus
Filmkritik: Christopher Diekhaus

Eine scheinbar nicht zu bändigende Schulklasse lernt durch eine engagierte Lehrerin, an einem Strang zu ziehen, und nimmt an einem landesweiten Wettbewerb teil, der sich mit den Schrecken des Nationalsozialismus befasst. Dank einer feinfühligen Inszenierung und glaubwürdiger Darsteller verkommt das auf wahren Begebenheiten beruhende Drama nicht zu einer klebrig-billigen Läuterungsgeschichte.

Mit Herz und Leidenschaft versucht die Lehrerin Anne Gueguen (Ariane Ascaride), die Schüler einer 11. Klasse am Pariser Léon-Blum-Gymnasium für ihren Unterricht zu begeistern. Doch die Jugendlichen, die größtenteils aus sozial schwachen Verhältnissen kommen, reiben sich lieber in gegenseitigen Scharmützeln auf. Erst als Gueguen vorschlägt, am "Nationalen Wettbewerb zum Widerstand und zur Deportation" teilzunehmen, kann sie ihre Klasse langsam aus der Reserve locken. Obwohl es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten kommt und die Gruppenarbeit mehrmals zu scheitern droht, bringen sich die anfangs lustlosen Gymnasiasten zunehmend enthusiastischer in das Projekt ein.

Keine Frage, der erbauliche Gestus schwingt in der dritten Regiearbeit der französischen Filmemacherin Marie-Castille Mention-Schaar (Bowling) von Anfang an mit. Und die Entwicklung der Geschichte ist sicherlich alles andere als überraschend. Dennoch wirkt Die Schüler der Madame Anne nicht übertrieben verkitscht oder realitätsfremd. Kulturelle Dissonanzen und Alltagsrassismus sind lange Zeit fester Bestandteil der Handlung und kommen nicht nur in offensichtlichen Auseinandersetzungen zum Ausdruck. Stellenweise lässt der Film die Probleme des beschwerlichen Lebens in der Pariser Banlieue auch in kleinen, unaufdringlichen Situationen spürbar werden.

Dass der von Gueguen angepriesene Geschichtswettbewerb mehr ist als ein einfacher Drehbuchmotor, zeigt sich vor allem dann, als der Holocaust-Überlebende Léon Zyguel ausführlich von seinen traumatischen Erlebnissen berichten darf. Eine Sequenz, die Schüler und Zuschauer gleichermaßen berührt, ohne allzu billig auf die Tränendrüse zu drücken. Auch wenn sich Mention-Schaar gegen Ende deutlicher großen Gefühlen und pathetischen Gesten verschreibt, erlebt das Drama keine verheerende Bruchlandung. Dafür sorgt schon das kraftvoll-authentische Spiel der jungen Darsteller rund um Ahmed Dramé, dessen eigene Erfahrungen als Vorlage für Die Schüler der Madame Anne dienten. Überzeugend ist auch der Auftritt Ariane Ascarides in der Rolle der hartnäckig-schlagfertigen Lehrerin, die ihren desillusionierten Schülern begreiflich machen will, dass sie sich nicht in ihr Schicksal ergeben müssen.

10.03.2017

3

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