Learning to Drive USA 2014 – 90min.

Filmkritik

Freunde auf Zeit

Peter Osteried
Filmkritik: Peter Osteried

Learning to Drive ist ein Projekt, das über viele Jahre hinweg verfolgt wurde, erst sehr leidenschaftlich von Hauptdarstellerin Patricia Clarkson, dann auch von ihrem Co-Star Ben Kingsley, die sich beide an Isabel Coixet wandten, um sie für den Stoff zu begeistern. Die Französin hat damit ein Thema gefunden, das ihr weit mehr liegt als der Ausflug in den Thriller, den sie zuvor mit Another Me absolviert hat.

Zwei Jahrzehnte war Wendy verheiratet, dann verlässt sie ihr Mann. Dadurch ist sie gezwungen, ihr Leben neu zu ordnen. Nicht nur muss sie umziehen, ein Auto braucht sie auch. Aber zuerst ist der Führerschein dran, weswegen sie Unterricht bei dem im politischen Asyl lebenden Sikh Darwan nimmt, der ihr nicht nur beibringt, wie man ein Auto steuert, sondern wie sich das Befahren der Straße auch als Metapher für das Leben sehen lässt. Zwei Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, beginnen, voneinander zu lernen. Sie werden Freunde auf Zeit.

Die meisten Filme hätten eine zarte Liebesgeschichte aus diesem Stoff gemacht. Man hätte miterlebt, wie Darwan und Wendy sich verlieben, wie sie sich näher kommen, wie das Happy End vor der Tür steht. Und ja, es gibt diesen Moment, in dem eine der beiden Figuren sich fragt, ob mehr als nur diese Freundschaft im Bereich des Möglichen ist, aber er ist flüchtig. Die Unterschiede zwischen der modernen Literaturkritikerin und dem auf Tradition bedachten Sikh sind zu groß. Ein Happy End könnte es nur in Hollywood geben, aber Learning to Drive versucht, eine realistische Erzählebene zu finden.

Er erzählt vom gegenseitigen Respekt der beiden Menschen, deren Leben sich für einen kurzen Augenblick berühren. Wendy und Darwan finden im Auto statt, mit ihm als Lehrer und ihr als Schülerin. Mehr kann, mehr darf es nicht sein, und das Drehbuch von Sarah Kernochan ist mutig genug, sich seine Eigenständigkeit zu bewahren. Dadurch wird der Film auch überraschender und abenteuerlicher, zugleich lebensechter, weil er wie das echte Leben eben nicht vorhersehbar ist und nicht immer so abläuft, wie man sich das vorstellt.

Ohne Clarkson und Kingsley hätte dies aber sicherlich nicht so gut funktioniert. Sie erhöhen das Material, machen Learning to Drive zum Genuss. Coixets Film ist entspanntes, schön anzusehendes Kino, das in Sachen Emotion nicht übertreibt, sondern wahrhaftig bleibt. Er ist leise, ruhig, manchmal fast kontemplativ, aber dadurch umso wirkungsvoller. Arthouse-Kino für ein älteres Publikum, das es zu schätzen weiß, Geschichten zu sehen, die von echten Menschen erzählen.

19.02.2024

4

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Kommentare

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8martin

vor 2 Jahren

Der persönliche Hintergrund der beiden Hauptakteure ist ein interessanter Ansatz zum Thema ‘Führerschein‘. Fahrlehrer Darwan (Ben Kingsley) ist Sikh und trägt seinen Turban sowie seinen Vollbart voller Stolz. Die Fahrschülerin Wendy (Patricia Clarkson) ist eher im Reich der Wörter zu Hause, mittleren Alters und ihr Mann hat ihr gerade den Laufpass gegeben. Mit viel Gefühl und Empathie führt Darwan Wendy in die Geheimnisse des Autofahrens ein. Seine Schwester hat ihm daheim in Indien Jasleen (Sahrita Choudhury) ausgesucht und zu ihm geschickt. Es wurde eine arrangierte Hochzeit. Darwan hatte sie zuvor noch nie gesehen.
Jasleens Unsicherheit im fremden Amerika wird noch verstärkt durch die Tatsache, dass sie Analphabetin ist. Viele der Gags stammen aus dem Standardrepertoire der Fahrschule, die besten Gags bringt aber die menschliche Begegnung von Darwan und Wendy. Jeder der beiden ist ein Typ für sich: der Inder ruht ganz in sich selbst, verliert nie die Fassung. Wendy ist das ganze Gegenteil: ein Nervenbündel im Post-Ehekrieg-Stress.
Der Culture Clash wird nicht sehr hochgehängt. Ebenso wie Darwans oder Jasleens Haltung zwischen den kulturellen Gegebenheiten seiner Heimat und Amerika. Mit zu viel Zuneigung zeichnet Isabel Coixet ihre Figuren. Selbst die Tatsache, dass es für Fahrlehrer und Fahrschülerin kein gemeinsames Happy End gibt, stört hier niemanden.
Die Darsteller sind zu gut. Sie erfüllen die Erwartungen des Publikums auch ohne die ausgetretenen Pfade eines künstlich herbeigeführten Happy Ends noch breiter zu treten.
Ein Feel-Good Movie ohne schwülen Sex.Mehr anzeigen


Patrick

vor 4 Jahren

Multi~Kulti Feelgood Movie mit Herz.Sowie kommt Learning to Drive wie ein Werbe-Film für Autofahr~Schulen daher.

Zuletzt geändert vor 4 Jahren


Schlosstaube

vor 8 Jahren

Nichts besonderes... einfach nur ein lahmer Film.


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