Das blaue Zimmer Frankreich 2014 – 76min.

Filmkritik

Süß ist die Liebe, bitter der Tod

Filmkritik: Eduard Ulrich

Mathieu Amalric adaptiert einen Roman des Krimi-Klassikers Georges Simenon, interessiert sich aber vor allem für das nicht miteinander, sondern anderweitig verheiratete Liebespaar, gespielt von ihm selbst und seiner Frau, das sich in der titelgebenden Lokation dem nicht unfallfreien Liebesspiel widmet, ohne viel von seinen Gefühlen zu offenbaren. Mit einem Mosaik aus Rückblenden auf die Beziehungszeit und Verhörszenen der Gegenwart wird ein Netz aus Doppeldeutigkeiten gewoben, dessen Spannung fast bis zum Schluss hält.

Der fünfte Spielfilm des erfahrenen und erfolgreichen Schauspielers Mathieu Amalric, der erste nach Tournée und einem Roman von Georges Simenon, kann als lose Fortsetzung verstanden werden. Die letzte Szene in Tournée schafft eine (ehe-)brüchige Verbindung zum Folgewerk. Sie trug im Drehbuch den Titel "Das blaue Zimmer" und zeigt ein Paar nach dem Liebesakt.

Mit solch einer Szene beginnt auch das Spiel des neuen Paares, Esther (Stéphanie Cléau) und Julien (der Regisseur selbst), das sich der Lust hingibt. Es wäre allerdings kein Simenon, wenn es nur um die Lust ginge. Die Liebesbeziehung der beiden nicht miteinander verheirateten Eheleute wird in Rückblenden erzählt, die Gegenwart ist bitter, Julien wird verhört und ist in einem Polizeigefängnis eingesperrt.

Simenons Geschichte aus der französischen Provinz lässt das Publikum scheibchenweise an der Aufklärung eines Verbrechens teilhaben, interessiert sich aber viel mehr für die klandestine Beziehung der beiden; wie diese Beziehung unter der intakten gesellschaftlichen Oberfläche zu wuchern beginnt und ihre Träger antreibt, Grenzen zu überschreiten. Man kann Mathieu Amalric bewundern: Er transformierte Simenons Roman zusammen mit seiner Ehefrau und Hauptdarstellerin Stéphanie Cléau, die darin allerdings eine gewisse Übung besitzt, zu einem Drehbuch, welches die Atmosphäre der Ambivalenz erhält, so dass man nie mit Sicherheit weiß, wie ein Satz, eine Nachricht oder eine Handlung zu interpretieren und zu bewerten ist.

In nur vier Wochen drehte und transportierte er die angestrebte Atmosphäre in einfache Bilder, die von wenigen Figuren belebt werden und so die Konzentration auf die Handlungsträger unterstützen. Ein Geheimnis bleibt dabei die Motivation, die psychische Verfassung der Liebenden. Amalric weist darauf hin, dass der Roman diesbezüglich keine Klarheit schafft und der Film sogar mehr Material liefert. Trotzdem liegt hier eine Schwachstelle, wenn man die Schwere der Vorwürfe berücksichtigt, derer sich Esther und Julien erwehren müssen. Insbesondere der Schluss lässt die Erzählung beinah ins Lächerliche kippen.

18.02.2024

3

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Kommentare

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Berufsromantiker

vor 9 Jahren

Sehr einfühlsam und nachvollziehbar, welche Macht die Liebe entwickeln kann und wo dies dann hinführt. Actionfans werden es langatmig finden. Und ich träume nun von der einfachen Liebe ohne Komplikationen.


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