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Homo Faber (Drei Frauen) Schweiz 2014 – 89min.

Filmkritik

Homo Faber

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Ein Mann verliebt sich unwissentlich in die Tochter seiner Gefährtin aus Studienzeiten. Richard Dindo hat Max Frischs Roman "Homo faber" verfilmt – mit einer männlichen Stimme und drei stummen Frauen. Eine intime filmische Lektüre.

Worte werden Bilder und umgekehrt. Richard Dindo greift in den meisten seiner Filmwerke auf literarische Vorlagen zurück. Das war schon bei seinem ersten Frisch-Film so: 1981 bei Max Frisch, Journal I-III, aufgrund der autobiografischen Erzählung "Montauk" gedreht. Nun, über 30 Jahre danach hat er den Roman "Homo Faber" in Szene gesetzt, der ihn ein Leben lang begleitet hat.

Eine intensive Auseinandersetzung: "Wenn ich ein Buch verfilme, suche ich Sätze heraus, die immer autobiografisch sind oder als solche verstanden werden können. Es geht immer um die Selbstdarstellung des andern. Ich rekonstruiere einen 'inneren Monolog' mit den Texten des Autors, reduziere sein Buch auf das absolut Wesentliche, zitiere nur starke, poetische, einfach visualisierbare, prägnante Sätze."

Und so entpuppt sich sein neustes Kinowerk als "filmische Lektüre" und Lesung ohne Dialoge. Der Romanheld Walter Faber (gesprochen von Christian Kohlund) erzählt, bleibt aber unsichtbar. Faber war Assistent an der ETH Zürich (1933 bis 1935), arbeitete an einer Dissertation und war mit der Halbjüdin Hanna verbandelt, aber Heirat war kein Thema. Jahre später in New York hat der Schweizer von seiner Partnerin Ivy, einem katholischen Mannequin, die Nase voll, trennt sich und reist ab – nach Europa. Auf der Schiffsreise begegnet er "dem Mädchen mit dem blonden Rossschwanz", eine Generation jünger als er. Die junge Sabeth könnte seine Tochter sein. Man lernt sich kennen und lieben. Man trennt sich, trifft sich wieder in Europa, verbringt Ferientage in Griechenland. Es kommt zu einer schicksalhaften Begegnung zwischen Faber und Hanna, seiner Jugendliebe und Mutter Sabeths.

Volker Schlöndorff hatte den Frisch-Stoff bereits 1991 verfilmt und die Hauptrollen mit Sam Shepard als Faber, Julie Delpy als Sabeth und Barbara Sukowa als Hanna besetzt. Richard Dindo konzentriert sich ganz auf Faber, den (unsichtbaren) Mann in einer Lebenskrise, auf Ivy (Amanda Barron), die Geliebte in New York, auf Sabeth (Daphne Baiwir), die rotblonde Sirene, die sich ahnungslos in ihren Vater verliebt, und Hanna (Marthe Keller), die zurückgelassene Verlobte aus Zürich. Es gibt keine Dialoge, nur Fabers Stimme, die von den Ereignissen und Verflechtungen berichtet.

Das Konzept funktioniert erstaunlicherweise. Die Tragödie um Vaterliebe im doppelten Sinn, um Identitätskrise, Lebenssinn und Schicksal ist ein filmisches Poem, getragen von der Magie des Augenblicks und stimmigen Bildern (Kamera: Richard Dindo). Ein Filmkunststück, im Ton poetisch und im Bild sehr dokumentarisch.

13.03.2015

4

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Kommentare

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4231

vor 9 Jahren

Immer noch ein toller Text, doch die Bilder dazu sind zu handgestrickt, und dass die konsequent subjektive Kamera im Kino immer leicht lächerlich wirkt, wird hier ein weiteres Mal belegt: Wer flirtet schon gern mit einem Kästchen aus Glas und Metall? Doch die Dindoschen drei Frauen müssen's andauernd tun.Mehr anzeigen


Franziska7722

vor 9 Jahren

na ja... alter Mann... langweilig... kennen wir alles schon...


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