Get on Up USA 2014 – 139min.

Filmkritik

Gestatten, Mr. Sex Machine

David Siems
Filmkritik: David Siems

James Brown ist neben Elvis Presley der wohl größte, aber auch größenwahnsinnigste Sänger in der US-amerikanischen Geschichte. Wie gut, dass dieser Film mit nüchternem Realismus sein Leben beleuchtet und den "Godfather of Soul" in all seinen schillernden Facetten zeigt.

Klar, man kennt ihn als "Godfather of Soul". Doch wer sich in Retrospektive an seinen wohl besten Song erinnert – "Sex Machine" – der denkt sofort an das stakkatohafte Intro mit den stotternden Bläsern und den messerscharfen Funk-Gitarren. Gerade dieses Lied sollte das Genre eigentlich begründen, und der Titel passte dabei perfekt, denn als "Funk" bezeichnete man in Szene-Kreisen ursprünglich insgeheim den Schweiß, der beim Beischlaf zwischen zwei farbigen Personen transpiriert wird. Wer aber so eine Beschreibung in den USA der 60er Jahre auch nur öffentlich anzudeuten wagte, riskierte umgehend eingesperrt zu werden.

Und James Brown, der in diesem gelungenen Biopic vom hierzulande noch relativ unbekannten Chadwick Boseman verkörpert wird, war ziemlich häufig im Gefängnis, wenn auch für andere Geschichten. Häusliche Gewalt, Frauenschläger, Raufbold – wie heißt das Sprichwort: Nette Typen erzählen keine guten Geschichten. Und mit ähnlicher Fallhöhe und Achterbahnfahrt wie bei Country-Sänger Johnny Cash im hervorragenden Walk the Line, sind es auch hier die harten Episoden, die James Brown interessant machen. Regisseur Tate Taylor hat die Biografie genau seziert und destilliert mit rasanter Detailgenauigkeit die Grandezza dieses Jahrhundertsängers.

Sein Aufstieg ist famos: Vom Straßenkind im ländlichen South Carolina wächst er bei seiner prophetischen Tante auf, die ihm bereits im Kindesalter weiß macht: "Eines Tages werden alle Menschen deinen Namen kennen." Seine eigentliche Geburtsstunde als Musiker hat er, als er bei einem Konzert vom damaligen Superstar Little Richard anwesend ist und noch vor Ort sagt: Das kann ich besser.

Get on Up zeichnet in erster Linie das Porträt eines ehrgeizigen und besessenen Musikers, dessen Bonmot "I'm the hardest workin' man in show-business" zum Klassiker wurde. In formidabel ausgestatteten Sets erlebt man James Brown aber auch als paranoiden Künstler, der zwar im positiven Sinn die starren Regeln des Rhythm & Blues aufbricht, aber mit gleicher Wucht auch auf seine Musiker eindrischt. Die meisten kamen und gingen, genervt von seinen Allüren. Nur ganz wenige blieben über einen längeren Zeitraum. Den nötigen Respekt erweisen Regisseur Tate Taylor und sein Hauptdarsteller Chadwick Boseman vor allem dadurch, dass sie nicht versucht haben, Songs wie "Cold Sweat" oder "I Got You (I Feel Good)" neu aufzunehmen, sondern als Playback im Film einbauen. Alles andere hätte wohl dazu geführt, dass sich der größenwahnsinnigste Sänger in der US-Geschichte (wohl nach Elvis Presley) im Grab umdreht.

16.09.2014

4

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Kommentare

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Barbarum

vor 7 Jahren

Trotz eines hervorragenden Boseman in der Hauptrolle springt der Funke in diesem Biopic einfach nicht über, was vermeintlich damit zusammenhängt, dass die einzelnen Episoden aus dem Leben von James Brown zwar anscheinend prägende Elemente seiner Persona darstellten, beliebig durcheinandergewirbelt ergaben sie aber zumindest für mich noch keine fesselnde Narration.Mehr anzeigen


Patrick

vor 9 Jahren

Chadwick Boseman als James Brown ist sicher ein Oscar und ein Kinoticket wert. Der Music Film reisst die Kinogänger förmlich mit, bei dem man sicher nicht ruhig im Kinosässel sitzt, nur die Zeitsprünge sind ein wenig zu wirr.


seeyouto

vor 9 Jahren

Fantastisch!!!! So in diese spannende Welt einzutauchen. Danke für alle Mitwirkenden - wirklich gut umgesetzt!


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