Gemma Bovery Frankreich 2014 – 99min.

Filmkritik

Amüsantes Vexierspiel

Christopher  Diekhaus
Filmkritik: Christopher Diekhaus

Der Titel klingt vertraut. Was nicht verwundern muss, spielt die Adaption einer gleichnamigen Graphic Novel doch ganz bewusst auf einen Klassiker der Weltliteratur an: Gustave Flauberts "Madame Bovary", in dem sich eine junge Frau, vom Eheleben gelangweilt, in amouröse Abenteuer stürzt und daran zugrunde geht. Die leichtfüßig-sarkastische Verfilmung bietet eine gewitzte Modernisierung des berühmten Stoffes, lässt in der zweiten Hälfte aber etwas Federn.

Seit der erfolglose Lektor Martin Joubert (Fabrice Luchini) Paris den Rücken gekehrt hat, um die väterliche Bäckerei in der Normandie zu übernehmen, fühlt er sich eingerostet und verloren. Seine literarischen Träume scheinen begraben, werden allerdings ganz unerwartet neu entfacht, als die attraktive Engländerin Gemma Bovery (Gemma Arterton) mit ihrem Ehemann das Nachbarhaus bezieht. Joubert ist nicht nur fasziniert von der Schönheit der jungen Frau, sondern erkennt in ihr auch sofort die Titelheldin aus Flauberts "Madame Bovary". Während sich Gemma nach und nach in einem verhängnisvollen Beziehungsgeflecht verfängt, setzt der verschrobene Bäcker alles daran, sie vor dem tragischen Schicksal zu bewahren, das der Romanfigur widerfährt.

Dass das Publikum hier ein Spiel mit unterschiedlichen Fiktionsebenen erwartet, ist schnell erkennbar. Schon gleich zu Anfang erklingt die Erzählerstimme der männlichen Hauptfigur und weist uns behutsam den Weg in die komische wie geheimnisvolle Geschichte, in der sich filmische und literarische Realität auf kluge Weise vermischen. Zentrum des Blicks bleibt dabei, anders als in der Comic-Vorlage, stets Martin, dessen Interesse fetischistische Züge annimmt und zugleich die Rezeptionshaltung des Publikums spiegelt. Sind wir nicht alle kleine Voyeure, wenn wir ins Kino gehen, um in das Leben fiktiver Menschen einzutauchen?

Wirkt der kauzige Bäcker zunächst nur wie ein passiver Beobachter, greift er mit zunehmender Dauer immer konkreter in die Handlung ein. Legt etwa Gemma und einem jungen Verehrer Worte des Anbandelns in den Mund und forciert schließlich auch bestimmte Plot-Entwicklungen. So, als wäre er ein Schriftsteller. Oder ein Regisseur, wie der von Fabrice Luchini grandios verkörperte Martin an einer Stelle regelrecht verzückt bemerkt.

Abseits dieser amüsanten Selbstreflexionen funktioniert Gemma Bovery aber auch als leichtfüßiger, betörend fotografierter Unterhaltungsfilm. Zumindest so lange, bis Regisseurin Anne Fontaine und Ko-Autor Pascal Bonitzer eine Abfolge dramaturgischer Banalitäten aus dem Hut zaubern, die den eigentümlichen Charme des Genre-Cocktails leider ein wenig torpedieren.

25.09.2014

4

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