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Femen - Mit Leib und Seele Russische Föderation, Schweiz 2014 – 95min.

Filmkritik

Posieren, Polarisieren, Protestieren

Filmkritik: Eduard Ulrich

Selten hat ein Dokumentarfilmer die Chance, Aufstieg und Fall einer sozialen Bewegung hautnah mitzuverfolgen. Im Falle der ukrainischen Politamazonentruppe Femen konnte der Westschweizer Alain Margot einige turbulente Jahre bis zum Ende der ursprünglichen Form im Jahre 2013 erfassen. Er begleitet die kämpferisch wie künstlerisch herausragende Oxana Schatschko bei Vorbereitungen über die Aktionen bis hin zu Verhaftungen, lässt MitstreiterInnen zu Wort kommen, befragt Zeugen und ihren Bekanntenkreis. Und natürlich nutzt er die Verführungskraft der nackten Brüste auch für seinen eigenen Zweck.

Die Ursprünge der feministischen Gruppe Femen reichen ins Jahr 2000 zurück, als Ana Huzol, Oxana Schatschko und Alexandra Schewtschenko in der Kleinstadt Chmelnizkij einen Verein gründen, um gegen die anachronistische Rolle der Frau in der ukrainischen Gesellschaft zu kämpfen. 2008 leben die drei bereits in Kiew und gründen dort Femen, aber erst 2010 erzielen sie durchschlagenden Medienerfolg, als sie mit nacktem Oberkörper für ihre Anliegen demonstrieren.

2011 wird der erfahrene Journalist Alain Margot auf Femen aufmerksam und beginnt zunächst auf eigene Faust und mit einfachen Mitteln, ihre Aktivitäten zu dokumentieren. Er und Oxana Schatschko befreunden sich, und er stellt sie in den Mittelpunkt seines gut 90minütigen Werkes. Das ist vielleicht ein Schwachpunkt, denn das intellektuelle Zentrum der Gruppe ist Ana Hutsol. Trotzdem ist Schatschko eine gute Wahl: Sie ist die "künstlerische Leiterin" der Truppe, sie entwirft Masken, Kostüme und Plakate - es wäre keine Überraschung, wenn sie in Paris, wohin sie flüchten musste, eine Stelle von einem Modehaus angeboten bekäme.

Margot zeigt ihren Alltag, wenn es bei einer Revolutionärin diesen Kalibers überhaupt so etwas gibt, denn es scheint, dass ihr ganzes Leben von dem Gedanken an eine freie Gesellschaft und wie der Weg dorthin führen könnte durchdrungen ist. Die Reaktionen in Familie und Gesellschaft sind deshalb zwiespältig bis unverhohlen feindselig. Margot zeigt auch einige spektakuläre Aktionen in Kiew, Moskau, Minsk und Paris.

Wer diesen Film sieht, kann so an sich selbst sehr gut beobachten, wie diese Kombination aus erotischer Attraktion und politischem Anliegen funktioniert, denn natürlich sind die nackten Brüste der schönen Aktivistinnen oft und lang zu sehen. Margot rundet sein gelungenes Porträt mit einem Besuch in Paris ab, wohin einige der Aktivistinnen 2013 geflohen sind, nachdem es in der Ukraine für sie zu gefährlich wurde.

16.06.2014

3

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