Aimer, boire et chanter Frankreich 2014 – 108min.

Filmkritik

Das ABC der Lebenslust

Filmkritik: Andrea Wildt

Alain Resnais vereint erneut ein gediegenes Schauspielerensemble französischer Filmgrössen, um über das Leben und seine verpassten Wege zu sinnieren.

Sie sind weder verliebt, noch wirklich durstig. Und gesungen wird schon gar nicht. Alain Resnais setzt nach Vous n'avez encore rien vu einmal mehr auf die Enttäuschung des Filmtitels auf erster Ebene. Die Party spielt im Off, dem Zuschauer verbleiben die reflexiven Dialoge der Figuren.

Detailgetreu nach der Vorlage, dem Theaterstück von Alan Ayckbourn, treffen im Laufe der Geschichte drei Pärchen älteren Jahrgangs aufeinander. Die Nachricht, ihr gemeinsamer Freund George hätte nur noch wenige Monate zu leben, bringt nun Akt für Akt ihr monotones Liebesleben auf Trab. Colin (Hippolyte Girardot) und Kathryn (Sabine Azéma) leben schon lange nur noch nebeneinander her, Jack (Michel Vuillermoz) betrügt Tamara (Caroline Silhol) und bekommt die halbwüchsige Tochter nicht mehr unter Kontrolle, und Monica (Sandrine Kiberlaine) gesteht sich nicht ein, dass sie sich eigentlich mit ihrem Geliebten (André Dussollier) langweilt. So provoziert die Todesprognose bei jedem Pärchen eine Krise und eine zweite, dritte folgt.

Wie bereits in Smoking/No Smoking setzt Resnais seine verspielte Geschichte in ein streng künstliches Setting. Die Schauplätze befinden sich in einem kleinen Studio, wo farbige Papierbahnen und Kunstrasen das imaginäre Dekor dieses skurrilen Kammerspiels im gutbürgerlichen Mittel-England stemmen. Dieser Enge des Bühnenbilds und der frappanten Reduktion der gestalterischen Mittel setzt Resnais einen unglaublichen Reichtum an spritzigen Dialogen entgegen.

Alles in Aimer, boire et chanter sieht irgendwie unzeitgemäss und töricht aus: die klassisch französischen Schauspieler in ihren englischen Kleidern, mit ihren englischen Namen, die sie aber französisch aussprechen; die fahlen Farben der Deko-Attrappen, die theatralen Dialoge, die Geschichte um einen sterbenden Freund, der nie im Bild erscheint. Aber gerade das macht diesen Film aus. Er ist besonders, anders, ein lächelnder Widerstand gegen immer realistischeres, kommerzielleres, effizienteres Filmemachen. Ein alter Fels in der Brandung eines untergehenden Kinos, wie es der Schauspieler Hippolyte Girardot beschreibt. Am Ende eine Beerdigung. Die Alten treten ab, die Jugend betritt die Bühne.

22.04.2024

4

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