Die Bücherdiebin Deutschland, USA 2014 – 131min.

Filmkritik

Wenn Bilder Bücher ersetzen

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Neun Jahre hat es gedauert, bis Markus Zusaks Bestseller verfilmt wurde. Die Geschichte des Mädchens Liesel während des Zweites Weltkriegs ist so sentimental wie ergreifend und plakativ - auch in der Kinoversion von Brian Percival.

Eine Stimme (Ben Becker) brummelt von Menschen, ihrem Schicksal und seiner eigenen Macht. Der allwissende Tod ist es, der hier kommentiert. Im Roman tönt das so: "Es ist eigentlich nur eine kleine Geschichte, und sie handelt unter anderem von einem Mädchen, ein paar Worten, einem Akkordeonspieler, ein paar fanatischen Deutschen, einem jüdischen Faustkämpfer und eine einer ganzen Menge Diebstählen." Der Australier Markus Zusak landete 2006 mit "The Book Thief" einen Millionenseller. Eine anrührende Geschichte, die im Zweiten Weltkrieg spielt.

Das wissbegierige Mädchen heisst Liesel (Sophie Nélisse), lernt bei den Pflegeeltern Hans Hubermann (Geoffrey Rush) und seiner kratzbürstigen Frau mit gutem Herz (Emily Watson) leben und lesen. Im Nachbarsjungen Rudi (Nico Liersch) hat der Teenager einen verlässlichen Freund gefunden, der mit ihr durch Dick und Dünn geht. Es sind schwere Zeiten in diesem deutschen Städtchen: Die Nazis marschieren, Bücher werden verbrannt, Juden werden verfolgt. Der junge Jude Max (Ben Schnetzer) ist auf der Flucht und findet bei den Hubermanns Unterschlupf. Liesel kümmert sich rührend um den im Keller versteckten Flüchtling. In der Frau des Bürgermeisters (Barbara Auer) findet sie eine Seelenverwandte, was die Liebe zu Büchern angeht. Max muss fliehen, und Hans, der Gutmensch, wird auf seine alten Tage eingezogen. Bomben fallen. Der Tod meldet seine Ansprüche.

Vom jungen Waisenmädchen bis zur jungen Frau – Sophie Nélisse, die sich im kanadischen Drama Monsieur Lazhar profilierte, bewältigt ihren Part nahezu perfekt. Der Zweistundenfilm krankt nicht an der Besetzung, nicht an Stimmigkeit, eher an Plakativität und Künstlichkeit, speziell, was die Babelsberger Kulissen angeht. Trotz poetischer Einsprengsel, vom Erzähler Tod sparsam eingestreut), trotz stimmiger Intermezzi (etwa zwischen Liesel und Pflegevater Hans oder dem verfolgten Max) bleibt das Drama oberflächlich und geschönt.

Unschön ist dafür das Kauderwelsch zwischen Deutsch und Englisch. Da hätte man Regisseur Brian Percival etwas mehr sprachliche Sensibilität gewünscht. Im Gegensatz zum Buch ist der Film (Drehbuch: Michael Petroni) weitgehend chronologisch angelegt. Das vereinfacht, vertieft aber nicht und nimmt dem Buch seinen speziellen Stil.

18.02.2024

3

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Kommentare

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8martin

vor 2 Monaten

Ein kleiner aber feiner Film, der den 2. Weltkrieg mit den Kinderaugen der neunjährigen Liesel sieht. Das Mädchen (Sophie Nélisse) kommt zu den Pflegeeltern Hans (Geoffrey Rush) und Rosa (Emily Watson). Beide stehen stellvertretend für die Mehrheit der Deutschen, so wie sie Markus Zusak in seinem Roman dargestellt hat. Hans ist ein menschlich überaus freundlicher Zeitgenosse, Marke harmloser Mitläufer. Er ist seinem Pflegekind herzlich zugetan. Bringt der kleinen Analphabetin sogar das Lesen bei. Ehefrau Rosa gib sich anfangs als strenge, linientreue Nationalsozialistin. Im Laufe der Handlung wird sie sich wandeln und bildet mit Hans und Liesel eine menschliche Wagenburg, die den Wirren und der Unbill des Krieges trotzt. Regisseur Percival achtet dabei genau auf die Steigerung der Gefahr, für Leib und Leben.
Die ideologische Engstirnigkeit wird wie in einem Katalog abgearbeitet: Parade zu Führers Geburtstag, Bücherverbrennung, die Pogromnacht etc.
Sie verstecken Max (Ben Schnetzer), einen Juden, im Keller, wodurch sie ihr Leben in Gefahr bringen. Liesels Klassenkameraden sind ebenso verschieden gepolt wie die übrigen Nachbarn. Rudi (Nico Liersch) ist altersgemäß ein bisschen verliebt in die Neue, taucht so gar im Winter in voller Montur nach einem Buch, das er dem Jungnazi Franz (Levin Liam) abgerungen hatte. Bürgermeister Herman (Rainer Bock) ist von Amtswegen strammer Nazi, seine Ehefrau Ilsa (Barbara Auer) aber nicht. Sie gewährt Liesel Zutritt zu ihrer Bibliothek, gibt ihr Bücher zu Lesen.
Bomben, Luftschutzkeller, Hausdurchsuchungen und Verhaftungen verdeutlichen den Abgrund der Gefahr, an dem sich die Bewohner entlanghangeln. Aber es gibt auch Schneemann mit Schneeballschlacht im Keller zwischen Liesel, Rudi und Max.
Dann schlägt der Krieg mit seiner tödlichen Keule zu. Nicht alle werden ihn überleben.
Zum Abschied kommt Ben Beckers Stimme hier mal ganz sanft philosophisch zum Tragen.
Der Film kommt nicht übermäßig spektakulär daher. Er oszilliert wohldosiert zwischen Kadavergehorsam und Gerechtigkeitsdrang aus Kinderaugen und trifft dabei mitten ins Zuschauerherz, wenn er einen Diener vor den kleinen Heldinnen und Helden des NS Alltags macht.Mehr anzeigen


holiday88

vor 8 Jahren

Ein hervorragend inszeniertes Drama, das berührt und zum Nachdenken anregt.


nicca23

vor 9 Jahren

Hey Denis, wenn dich die Kommentare vom Tuvok nerven, dann lies sie doch einfach nicht! Die Energie und Zeichen, die Du brauchst um dich über ihn zu nerven, könntest du besser für eine eigene Kritik verwenden...


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