Liberace - Zu viel des Guten ist wundervoll USA 2013 – 118min.

Filmkritik

Von Oberfläche und Abgründen

Patrick Heidmann
Filmkritik: Patrick Heidmann

Da ist er nun also, der – vorerst – wirklich letzte Film von Steven Soderbergh. Produziert wurde Behind the Candelabra vom amerikanischen Pay-TV-Sender HBO, und dort war er auch direkt im Anschluss an die Weltpremiere im Wettbewerb des diesjährigen Filmfestivals von Cannes zu sehen. Doch im Rest der Welt fanden sich schnell Verleiher, die den Film auch auf die große Leinwand bringen wollten. Und das zu Recht.

Behind the Candelabra erzählt aus dem Leben von Liberace (Michael Douglas), einem Pianisten und Entertainer, der in Europa nie eine besonders große Nummer war. In den USA aber war der flamboyante Einwanderersohn von den 50ern bis in die 70er Jahren der vielleicht größte Star auf den Bühnen Las Vegas, mit eigenen TV-Shows und einem Vermögen von über 100 Millionen Dollar.

Soderberghs Geschichte setzt 1977 ein, wo Liberaces Publikum schon größtenteils aus in die Jahre gekommenen Hausfrauen mit Vorliebe für Kitsch besteht, die dem Mitt-Fünfziger aber noch immer ein Leben in Saus und Braus ermöglichen. Und genau jener Lebensstil mit goldverzierten Villen, weißen Pelzmänteln und üppigem Schmuck ist es, dem damals auch der 17-jährige Scott Thorson (Matt Damon) verfällt, dessen fünfjährige Beziehung zu dem öffentlich stets ungeouteten Liberace das Zentrum des Films darstellt.

Bei all dem Pomp und Glitzer, den unzähligen Spiegeln und Pailletten wäre es ein leichtes gewesen, Behind the Candelabra selbst im Camp versinken zu lassen. Doch Soderbergh wiederholt das Kunststück, das ihm zuletzt bereits mit Magic Mike gelang und das seine Klasse als Regisseur viel deutlicher herausstellt als trockene Genre-Übungen wie Side Effects oder Haywire: Er nähert sich seinem eigentlich bizarren Setting und dem kuriosen Personal mit bewundernswertem Ernst und ohne sich je darüber zu erheben. Statt sich lustig zu machen über Liberaces dekadent-verlogenes Leben und die letztlich zum Scheitern verurteilte Beziehung, in der der Star seinen jungen Liebhaber auch mittels plastischer Chirurgie in eine Art Ziehsohn verwandelt, deckt Soderbergh - zaghaft - die faszinierenden Abgründe unter der glänzenden Oberfläche auf. Wobei bei aller Tragik auch der Humor nie zu kurz kommt.

Besonders beeindruckt Behind the Candelabra in der Intimität, mit der die Liebesgeschichte zwischen Liberace und Thorson erzählt wird. Die für einen Mainstreamfilm einigermaßen offenherzigen Sexszenen sind dabei eine Sache, die Nuanciertheit der verschiedensten zwischenmenschlichen Emotionsebenen noch mal eine ganz andere. Michael Douglas, der selten so gegen den Typ besetzt wurde, und Matt Damon, dessen Verjüngung mittels Make-up und Licht-Manipulation erstaunlich gut funktioniert, liefern dabei übrigens zwei der überzeugendsten Leistungen ihrer langen Karrieren ab. Unter anderen Umständen wären sie Favoriten im kommenden Oscar-Rennen. So aber sind sie immerhin beide für den Emmy nominiert, der am 22. September verliehen wird.

20.03.2024

4

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Kommentare

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1234jopy

vor 9 Jahren

Douglas als Liberace, wer hätte das gedacht. Vor lauter Kitsch wieder schön.


Gelöschter Nutzer

vor 10 Jahren

Eine schillernde Figur in der Musik, die Angst hatte vergessen zu werden, aber Ende genau das nicht schaffte. Alles sehr adäquat gefilmt!


1234jopy

vor 10 Jahren

super gespielt, kitsch as kitsch can, trotzdem menschlische story


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