CH.FILM

Karma Shadub Schweiz 2013 – 94min.

Filmkritik

A Son's View

Filmkritik: Eduard Ulrich

Martha Argerich wurde von einer ihrer Töchter im familiären Kontext porträtiert, Paul Giger widerfährt nun ähnliches durch seinen Sohn Ramòn. Sogar die Konstellation weist frappante Ähnlichkeit auf: In A Daughter's View ging es um die Beziehung zum getrennten Vater, der selbst ein erfolgreicher Musiker ist. Ramòn Giger beschäftigt zwar das selbe Thema, die Ausgangssituation war aber gänzlich verschieden: Vater Paul wünschte sich eine Dokumentation seines titelgebenden Musik- und Tanzprojekts. Was lag da näher, als den eigenen Sohn zu engagieren, der bereits einen gelungenen Dokumentarfilm gedreht hat?

Ramòn Giger möchte seinen Vater porträtieren, um ihn kennenzulerrnen, Paul Giger möchte sein Projekt "Karma Shadub" porträtiert sehen - ein Werk, welches er auf die Geburt hin komponierte und seinem Sohn widmete. Diesen Konflikt widerstreitender Interessen sieht man dem Film auch an: Nicht nur, weil der Konflikt offen thematisiert wird, auch darum, weil man zwar einen Teil der Proben und auch einen Teil der Aufführung zu sehen bekommt, aber nicht viel über die Struktur des Werkes, die Choreografie und die Aufführenden erfährt. Dafür umso mehr über Paul Giger.

Dass es nicht einfach würde, wenn zwei Künstlerpersönlichkeiten mit gegensätzlichen Interessen zusammenspannen wollen und sollen, war wohl allen Beteiligten klar. Paul ist nach seinem beeindruckenden Erfolg mit "Chartres" auch außerhalb des kleinen Zirkels an seiner Musik Interessierter bekannt und der Stärkere des Duos. Ramòn entwickelt sich als Künstler im visuellen Bereich und möchte einige Fragen mit seinem Vater klären, die ihn schon seit seiner Jugend beschäftigen. Am verbalen Tauziehen und Tauschhandel um den Inhalt des Films lässt uns Ramòn bis zu dem Punkt teilhaben, an dem es zu privat oder zu emotional wird.

Die Währung des Sohns ist die Aufmerksamkeit seiner Kamera und seines Tonbandes, diejenige des Vaters die Offenheit. Ramòns Anliegen wirkt berechtigt, er spricht sein Publikum mit seinem Ernst und seiner Konsequenz an, mit der sein Ziel verfolgt. Und die Situation der Familie Giger ist kein Einzelfall - die Mühen und Erkenntnisse lassen sich verallgemeinern. Wer sich mit der Problematik dieser Vater-Sohn-Beziehung nicht so tief auseinandersetzen möchte, profitiert vom Einblick in die Persönlichkeit des Musikschöpfers Paul, wobei auch da die familiären Aspekte im Vordergrund stehen, das Künstlerische im Hintergrund bleibt.

Beim Heimspiel in Nyon 2013 wurde das Risiko, das Ramòn einging, mit dem "Großen Preis" in der Sparte Langfilm belohnt, und es ist zu wünschen, dass die Resonanz auf diesen Erfolg auch das titelgebende Werk mit einschließt.

17.12.2013

3

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Kommentare

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funkysocrates

vor 8 Jahren

Grossartig!


monika.8038

vor 10 Jahren

Zeitverschwendung.


helenebossi

vor 10 Jahren

Naiv.


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