CH.FILM

Himmelfahrtskommando Schweiz 2012 – 106min.

Filmkritik

Spiel mir das Lied vom Django der Voralpen

Michael Lang
Filmkritik: Michael Lang

Wie flott sich der Schweizerfilm gebärden kann, wenn er auf den Support staatlicher Filmförderungsgremien pfeifen muss, zeigt Dennis Ledergerber in einem knallbunten Heimatwestern. Zusammen mit Volksschauspielern wie Beat Schlatter oder Walter Andreas Müller zündet er eine Actiongranate, jongliert mit Swissness-Klischees und inszeniert rotzfrech. Ganz im Unsinn und Quergeist von Quentin Tarantino, dem Paten vieler Jungfilmer.

In Gottlingen fasst der Pöstler (Walter Andreas Müller) einen heiklen Auftrag: Er muss drei Sektenfritzen aus den USA eine gewisse Zeit von der Suche nach den Spuren von Glaubensbrüdern und -schwestern abhalten. Die sind bei einem Unfall zu Tode gekommen und haben eine hohe Barschaft hinterlassen, welche von den Dörflern bereits in diverse Projekte investiert worden ist. Wie löst der Briefträger das Problem? Er lädt die Jungs zum Fischen auf dem See ein, wo sie dahindümpeln und lange von der Leinwand verschwinden.

Guter Trick. So spart man Drehtage mit dem Meisterimitator, der - wie die anderen Promis - ohne Gage mitgemacht hat und als PR-Zugpferd dient. Das gilt ebenso für Beat Schlatter als Gemeindepräsident (und eine Fehlbesetzung) der allerdings weit mehr zu sehen ist: Er tüftelt mit seinen Mitbürgern einen hirnrissigen Plan aus, um die ungebetenen Gäste zu täuschen.

Dramaturgisch hält man sich an die Filmikone Jean-Luc Godard, der sagte: "Filme haben einen Anfang, eine Mitte und einen Schluss. Aber nicht unbedingt in dieser Reihenfolge!" Passt ganz gut, weil in den Dialogen erstaunlich viel Witz steckt und Bluesrocksounds satte Akzente setzen. Als dann die dünne Handlung aber zu kollabieren droht, setzt Ledergerber zum Blut, Schweiss und Tränen-Finale an: Dem beherzten Ensemble entsteigt Raphael Carlucci als Prachtkerl aus Tschetschenien. Er hilft als Knecht dem polterigen Hühnerzüchter (Andrea Zogg) bei der Jagd nach den Meuchlern von Hennen und ihrem Hahn. Und er vögelt die Gattin des Gemeindeobersten, eine hysterische Schnepfe, die ihn nach erfolgreichem Vollzug wie den letzten Hühnerdreck behandelt. Gut nachvollziehbar, dass der gedemütigte Macho aus dem wilden Osten zum Ballermann, zum Schlitzer, zum Voralpen-Django mutiert und die Dorfschranzen von Gottlingen massakriert.

Für die Lowest-Budget-Produktion sind rund 100'000 Franken aufgewendet worden, was verglichen mit den Millionenbudgets gewisser subventionierter Schweizerfilme ein Klacks ist. Und so staunt man bei allen Vorbehalten dann doch über das, was Dennis Ledergerber und sein Autor Stefan Millius in ihrer tragischen Komödie vom Stapel lassen.

18.02.2024

2

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Kommentare

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chuchiterrorist

vor 8 Jahren

speziell... irgendwie schräg aber cool...


Gelöschter Nutzer

vor 10 Jahren

Tarantino-Versuch der in die Hose geht


jayef79

vor 10 Jahren

supi


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