Der Medicus Deutschland 2013 – 150min.

Filmkritik

Zwischen Abend- und Morgenland

Christopher  Diekhaus
Filmkritik: Christopher Diekhaus

Eine deutsche Großproduktion bringt Noah Gordons Bestseller mit internationaler Besetzung auf die Leinwand und beweist, dass auch in Europa bildgewaltiges Ausstattungskino möglich ist.

England im finsteren Mittelalter: Der kleine Rob Cole kann kurz vor dem Ableben seiner erkrankten Mutter ihren nahenden Tod erfühlen, sie aber nicht mehr retten. Während seine Geschwister in andere Familien gegeben werden, gewinnt Rob das Vertrauen eines umherfahrenden Baders (Stellan Skarsgård), der ihm allerlei Taschenspielertricks und rudimentäres Wissen über die Heilkunst lehrt. Als der Waise, mittlerweile ein junger Mann (Tom Payne), vom legendären Arzt Ibn Sina (Ben Kingsley) hört, der im fernen Isfahan unterrichtet, bricht er, als Jude getarnt, nach Persien auf, um seine Medizinkenntnisse zu erweitern.

Es ist durchaus erstaunlich, dass der 1986 veröffentlichte Historienroman erst jetzt für die Leinwand adaptiert wurde. Immerhin hat das Werk alles zu bieten, was großes Kino ausmacht: einen Protagonisten, der von einem Trauma verfolgt wird, dann aber zum Wegbereiter einer neuen Zeit avanciert, Liebe, Verrat und eine gehörige Portion Exotik. Diese Zutaten verdichten Drehbuchautor Jan Berger und Regisseur Philipp Stölzl zu einem üppigen Historienspektakel, das für Toleranz und das menschliche Streben nach Erkenntnis eintritt.

Angesichts der umfangreichen Vorlage nimmt sich der Film einige erzählerische Freiheiten. Durchweg überzeugend will die dramaturgische Straffung allerdings nicht gelingen. So gibt es immer wieder Wendungen, etwa Robs Aufnahme in Ibn Sinas Schule, die allzu abrupt und aufgesetzt daherkommen. Die Liebesgeschichte zwischen dem Helden und der Jüdin Rebecca (Emma Rigby) wirkt leider zumeist nur wie eine halbherzige Beigabe. Befremdlich ist darüber hinaus, dass das Sprachengewirr des Orients einer überwiegend englischen und damit wenig authentischen Verständigung weichen muss.

Ausstattungstechnisch und visuell braucht sich die Romanverfilmung vor artverwandten Hollywood-Produktionen nicht zu verstecken, verleihen doch die düsteren Bilder aus Robs Heimat und die prachtvollen Wüstenaufnahmen Isfahans dem Geschehen eine epische Qualität. Hauptdarsteller Tom Payne liefert eine größtenteils souveräne Darbietung ab. Gleiches gilt für Ben Kingsley, dem die Rolle des weisen Lehrmeisters praktisch auf den Leib geschrieben ist. Für komische Akzente sorgt Stellan Skarsgård, der den vagabundierenden Bader mit kauzigem Charme versieht.

Auf den Punkt gebracht: Der Medicus bietet opulent bebilderte Historienunterhaltung, die allerdings zu selten über die Genrestandards hinausragt.

16.12.2013

3

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Kommentare

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Barbarum

vor 8 Jahren

Abenteuerfilm nach dem Vorbild grosser Hollywoodklassiker wie "Ben Hur" oder "Lawrence of Arabia" aber im Unterschied zu den Vorgängern fehlt es an der gewaltigen Skalierung, dem Drama und an Tiefe.


1234jopy

vor 9 Jahren

Hat zwar lange gedauert, bis dieses Buch verfilmt wurde. Sehr gut umgesetzt.


ReynX7

vor 9 Jahren

Sehr schön gefilmt. Interessante Handlung, gute Schauspieler.


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