The Broken Circle Breakdown Belgien 2012 – 100min.

Filmkritik

Vom Glück und Unglück des Seins

Peter Osteried
Filmkritik: Peter Osteried

Auf der diesjährigen Berlinale war Felix van Groeningens The Broken Circle eine der großen Überraschungen. Ein Film, der leicht zum Melodram geraten könnte, aber mit einer Wahrhaftigkeit abseits aller Klischees auf der Emotionsklaviatur des Publikums spielt.

Elise ist Tätowiererin - ihr Körper ist dafür beredtes Zeugnis. Über und über mit Bildern versehen, haben so manche die Namen längst verflossener Liebhaber überdeckt. Nun lernt sie jedoch Didier kennen und lieben. Beide werden zum Paar und schließlich auch zu Eltern. Das Glück ist mit der Geburt von Tochter Maybelle perfekt, doch im Alter von sieben Jahren wird bei ihr Krebs diagnostiziert. Der Kampf ums Überleben ihrer Tochter, bei dem Elise und Didier so hilflos sind, droht auch ihrer beider Liebe zu vernichten.

Felix van Groeningen ist sich seiner Erzählweise sehr sicher. Einerseits bringt er in seinen Film eine Metaebene über die Moral der Stammzellenforschung ein, ohne dass dies aufdringlich wirken würde, andererseits verweigert er sich einer strikt linearen Erzählweise. Er springt in der Chronologie dieser Leben wild hin und her, zeigt das Entstehen und das Absterben der Liebe fast simultan, auf jeden Fall jedoch in direktem Kontrast zueinander. Damit fordert der Film den Zuschauer nicht nur, da dieser die lineare Struktur der Geschichte in seinem Kopf vervollständigen muss, sondern zieht zugleich noch tiefer ins Geschehen. Durch die intensivere Beschäftigung mit der Geschichte findet man sich urplötzlich in ihr, mit all dem Glück und Schmerz, das ein Leben ausmacht.

The Broken Circle beschreibt den Sinn des Lebens als die Suche nach Momenten des Glücks, ist sich aber immer gewahr, dass jedem Glück automatisch auch ein Unglück folgen muss - nichts währt ewig, außer vielleicht das Gefühl des Verlustes eines geliebten Menschen. Der Regisseur versteht es meisterlich, die Emotionalität seines Publikums zu bedienen. Er nutzt alle Möglichkeiten, die das Medium offeriert, um direkt ins Herz vorzustoßen. In seiner Erzählung von Liebe und Verlust umschifft er jedes Klischee, verkommt nie zum rührseligen Melodram, sondern bleibt in seiner Wirkungsweise immer authentisch. The Broken Circle ist die Tragödie eines Lebens, so schön, dass es schon weh tut. Gefühlskino der besten Art, unaufdringlich, wahrhaftig, beeindruckend. Wer hier als Zuschauer in seinem Innersten mit keinen Sturm der Gefühle zu kämpfen hat, der hat das Ringen um das kleine bisschen Glück im Leben schon längst verloren.

21.12.2020

5

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Kommentare

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Barbarum

vor 9 Jahren

Schön traurig, aber auch traurig schön.


madmuse

vor 9 Jahren

absolut genial, ein wirkliches Meisterwerk!


gefuehlsmensch

vor 10 Jahren

ein bissel traurig.


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