Lore Australien, Deutschland, Grossbritannien 2012 – 108min.

Filmkritik

Lorelei

Filmkritik: Tamara Schuler

Coming of Age-Film meets Nachkriegsdrama: Im zweiten Spielfilm von Somersault-Regisseurin Cate Shortland flieht die 14-jährige Lore im Mai 1945 mit ihren vier Geschwistern durch Deutschland. Unterwegs trifft sie auf einen undurchsichtigen Juden - ein Verhältnis zwischen Anziehung und Hass entsteht.

Lore setzt unmittelbar nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus in Deutschland ein: Die Eltern von Lore (Saskia Rosendahl), beide treue Anhänger des Führers, werden eingesperrt, die 14-jährige muss mit ihren vier kleinen Geschwistern quer durchs Land zur Grossmutter fliehen. Auf dem Weg schliesst sich ihnen ungewollt der verschwiegene Jude Thomas (Kai Malina) an, zu dem Lore rasch heftige Gefühle entwickelt: Sie ist hin- und hergerissen zwischen dem ihr anerzogenen Hass und ihrem wachsenden Begehren.

Mit dem vielfach preisgekrönten Drama Somersault (2004) machte sich die australische Regisseurin und Drehbuchautorin Cate Shortland international einen Namen. Lore, ihr zweiter Spielfilm, wurde am diesjährigen Filmfestival Locarno mit dem Publikumspreis ausgezeichnet. Der Film basiert auf dem Roman "The Dark Room" von der deutsch-australischen Autorin Rachel Seiffert, welcher 2001 erschienen ist.

Lore besticht in erster Linie durch atemberaubende Bilder: Von der unheilschwangeren, grandiosen Anfangsszene über die mystische Schwarzwald-Kulisse hin zur vermeintlich heilen Welt bei der Oma bleibt die bedrückende, düstere Atmosphäre der Nachkriegswirren durchgängig spürbar. Lores Dilemma zwischen kindlichem Glauben an die beigebrachten Werte und ihrer aufkeimenden, jugendlichen Sexualität verkörpert Saskia Rosendahl überaus subtil und glaubwürdig. Ihre Figur der Lore erfüllt dabei eine Doppelfunktion: Einerseits die Verkörperung des zerrissenen Deutschlands, das die Aliierten gerade unter sich aufteilen, andererseits die Figur eines unsicheren Teenagers auf dem Weg zum Erwachsenwerden.

Ebenfalls bemerkenswert sind die zumeist wortlosen Interaktionen zwischen Lore und Thomas, die zwischen familiärer Eintracht, Komplizenschaft und Misstrauen pendeln. Obwohl der Film stark auf die symbolische Aufladung seiner Bilder setzt, wirkt er nur selten plakativ: Auch die Schlussszene, in der Lore die geheuchelte Idylle nicht aushält und Porzellan-Rehkitze zerstampft, bleibt im Grossen und Ganzen authentisch.

Lore ist kein Historienfilm, der einen akkuraten Überblick über die Nachkriegswirren der 40er-Jahre gibt. Vielmehr beleuchtet er die chaotische Desorientierung nach Hitlers Selbstmord anhand eines Einzelschicksals. Dank der jungen Darsteller wird Lore insbesondere auch für die jüngere Generation interessant - ein Film, der sich auch im Geschichtsunterricht sehen lassen kann.

18.02.2024

4

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Kommentare

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MBernascona

vor 10 Jahren

Sehenswerter Film mit eindrücklichen Schauspielern, nur die Kameraführung irritiert teilweise.


Patrick

vor 11 Jahren

NAZI-KINDER.
Der Film überzeugt durch Bilder die mehr aussagen als viele Worte, teilwiese aber kommt Lore durch die langen kamera einstellungen etwas langweilig daher.
Saskia Rosendahl spielt Lore absolut Oscarwürdig.
Lore geht für Australien 2013 ins Oscar-Rennen.
Fazit: Lore ist ein Film der Nachdenklich macht, ich gebe Lore 3. 1/2 Punkte von 5.Mehr anzeigen


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