Io e te Italien 2012 – 103min.

Filmkritik

Außenseiter unter sich

Christopher  Diekhaus
Filmkritik: Christopher Diekhaus

Lange war es ruhig um Bernardo Bertolucci, der der Filmwelt so bedeutende Werke wie „Ultimo tango a Parigi“ schenkte. Fast zehn Jahre nach seinem letzten Spielfilm, kehrte der italienische Regisseur dann aber mit der Romanadaption Io e te ins Bewusstsein des Publikums zurück. Nachhaltig beeindrucken kann das durchwachsene Familiendrama nicht.

Der 14-jährige Lorenzo (Jacopo Olmo Antinori) ist ein Eigenbrötler. Nicht nur in der Schule, auch zu Hause will er nur eins: in Ruhe gelassen werden. Seine Mutter Arianna (Sonia Bergamasco) ist besorgt über sein Verhalten und schickt ihn daher zu einem Psychologen, der eine narzisstische Störung diagnostiziert. Als ein Klassenausflug in ein Skigebiet ansteht, lässt Lorenzo Arianna im Glauben, er würde daran teilnehmen. In Wirklichkeit zieht er sich jedoch in einen Kellerraum ihres Wohnhauses zurück, um dort ungestört lesen zu können. Das unerwartete Auftauchen seiner Halbschwester Olivia (Tea Falco), die der ersten Ehe seines Vaters entstammt, bringt seine Pläne schließlich gehörig durcheinander.

Zweifellos führt die Verfilmung des Romans Io e te, die 2012 in Cannes außer Konkurrenz lief, die Tradition der vorangegangenen Bertolucci-Arbeiten fort. Wie in Besieged und The Dreamers verdichtet sich das Familiendrama fast ausschließlich auf einen Handlungsort, was dem Geschehen eine kammerspielartige Atmosphäre verleiht. Sobald Lorenzos Halbschwester auf der Bildfläche erscheint, konzentriert sich der filmische Blick allein auf die Beziehung zwischen den beiden Figuren, die auf ganz unterschiedliche Weise mit ihren Sorgen und Ängsten umgehen. Während Lorenzo sich wie ein Autist von der Welt abzukapseln versucht, betäubt Olivia ihre persönlichen Enttäuschungen mit Heroin.

Begegnen sich der Junge und seine Halbschwester anfangs noch feindselig, kommt es schon bald zu einer schrittweisen Annäherung, zumal Olivia, zum Drogenentzug entschlossen, eine körperliche Leidenszeit durchlebt und auf Lorenzos Hilfe angewiesen ist. Unverständlicherweise bleiben die zwischen den Protagonisten ausgetragenen Konflikte und die dargestellten problematischen Familienverhältnisse zumeist nur auf oberflächliche Aussagen beschränkt. Die etwas konstruiert erscheinende kleine Schicksalsgemeinschaft lebt leider allzu oft von Klischees und Phrasen, die nicht gerade geeignet sind, den Zuschauer durchgängig an die Figuren zu binden. Der eher repetitive und überraschungsarme Handlungsverlauf trägt seinen Teil dazu bei, dass Io e te trotz überzeugender Darstellerleistungen nur selten richtig mitreißen kann.

15.11.2013

3

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