Après mai Frankreich 2012 – 122min.

Filmkritik

Vom Jungsein

Filmkritik: Andrea Wildt

Zwischen kühler Distanz und sinnlicher Einfühlung vermittelt Olivier Assayas die Energien der Studentenunruhen der 1970er-Jahre in Frankreich. Ein Film über das Jungsein, der eintaucht in seine Zeit, aber nicht erklärt.

Après mai ist ein sonderbarer Film: attraktiv und berauschend, und zugleich unschlüssig trivial. Er erzählt die Geschichte von Gilles, der sich Anfang der 1970er-Jahre an den Studentenprotesten in Paris engagiert. Als eine der politischen Aktionen schief läuft, taucht er zusammen mit Freunden für einige Zeit unter.

Was wie ein politischer Geschichtsfilm über die Zeit nach den legendären Ereignissen im Mai 1968 in Frankreich beginnt, nimmt nach den ersten Ereignissen besonnen eine andere Richtung. Neben den Parolen, den Plakaten und Demonstrationen tritt mehr und mehr der wahre Protagonist des neuen Films von Olivier Assayas in den Vordergrund: die Jugend. Angenehm unsentimental und ohne tiefe Psychologie zeigt der französische Regisseur die frischgebackenen Gymnasiasten auf der Suche nach dem Sinn ihres Lebens nach der Schule. In narkotisch bedächtigen Kamerafahrten filmt er sie beim Lieben, Singen, Debattieren und immer wieder Gilles beim Zeichnen.

Aus Italien zurück beginnt Gilles sein Studium der Malerei. Sein Freund Alain entscheidet sich hingegen seine neue Liebe auf ihren Reisen zu begleiten. Christine, für kurze Zeit mit Gilles liiert, folgt einem Filmteam in den Süden, um an einem Dokumentarfilm über Arbeiterproteste mitzuhelfen. Später wird sie dessen Distribution in Paris organisieren. Laure, Leslie, Jean-Pierre und viele mehr kreuzen in Après mai ihre Wege. Sie diskutieren, verlieben sich, trennen sich wieder.

Es sind diese Momente, die dem Film seine abstrakte Schönheit geben und eine Atmosphäre des Jungsein in der damaligen Zeit vermitteln: Spaziergänge in der Natur, das Kratzen eines Anarcho-Zeichens in die Schulbank, später dasselbe als Graffiti aufs Schulgebäude, Feuer auf rauschhaften Sommerfesten, lange Musikeinlagen. Der Film lädt uns ein, in sie einzutauchen, sie gewissermassen mitzuerleben. Dabei entwickelt er eine bemerkenswerte Sinnlichkeit. Die Geschichte tritt in den Hintergrund, die Figuren scheinen nur noch Reiseleiter durch Momentaufnahmen dieser wirren und aufregenden Zeit zu sein. Mehr und mehr entsteht ein eindringliches Porträt voller Träumen, Musik und Erinnerungen.

15.02.2013

3

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