CH.FILM

Appassionata Schweiz, Ukraine 2012 – 88min.

Filmkritik

Trauer, Trotz und Trost

Filmkritik: Eduard Ulrich

Der Dokumentarfilmer Christian Labhart begleitet die Pianistin Alena Cherny bei der Schenkung eines Flügels an eine Musikschule ihres Heimatortes in der Ukraine und damit bei einer Rückkehr in ihre Heimat.

Christian Labhart interessiert sich offenbar sehr für Musik, ist dies doch bereits sein dritter Dokumentarfilm, der um dieses Thema kreist. Für die Pianistin Alena Cherny ist die Musik der Lebensinhalt, was nicht selbstverständlich ist, wenn man ihre Biografie kennt, in der sich künstlerisches und atomares Feuer, Eiserner und Theatervorhang sowie Schicksal und Eigensinn bekämpfen und befruchten. Zusammen ist ihnen ein berührendes Werk gelungen, das trotz einiger Defizite ein gültiges Zeugnis epochaler politischer und zivilisatorischer Ereignisse unserer Zeit ablegt.

Im Gegensatz zu einem weltweit bekannten Süßgetränk oder der redensartlichen Angst verleiht die in Wetzikon wohnende Alena Cherny keine Flügel, sie verschenkt einen: Die Musikschule ihres Heimatortes Romny im Osten der Ukraine nahe der Grenze zu Russland, in der sie als Wunderkind die ersten Schritte ins Rampenlicht machte, soll ein neues Instrument erhalten. Obwohl sie sonst keine Freundin des Medienrummels ist, gelangte sie mit der Idee, dieses Projekt dokumentarisch zu begleiten, an Christian Labhart, der sich dafür begeisterte. So können wir die Auswahl des Instruments, den Transport - allerdings nur bruchstückhaft - und die Einweihung mitverfolgen. Dazwischen Gespräche mit der Musikerin, ein Seitenblick in ihr Familienleben und Ausschnitte eines Orchesterkonzertes in Winterthur. Die Reise nach Osten gleicht einer Zeitreise, denn trotz der großen Umwälzungen ist vieles unverändert. Die Atomkatastrophe am 26. April 1986 hat auch das Leben Alena Chernys auf den Kopf gestellt. Die Begegnung mit ihren Eltern bildet den emotionalen Höhepunkt des Films. Nicht minder eindrucksvoll ist aber der Besuch Tschernobyls, das einem heute immer noch so gespenstisch vorkommt wie die Geschichten aus der Sowjet-Union mit ihrem undurchsichtigen Machtgefüge und ihren uneinsichtigen Apparatschiks.

Nicht Roadmovie, nicht Musikfilm, aber auch nicht Künstlerinnenbiografie: Christian Labhart liefert von allem etwas, aber vielleicht nicht genug. Trotz der berührenden "Rückführung" an die Orte und in die Familie ihrer Kindheit und Jugend und der offenen Worte bleibt die Persönlichkeit der Alina Cherny seltsam unfassbar. Ihre Zeit in Deutschland und in der Schweiz, ihre persönlichen und beruflichen Beziehungen, ihre eigene (Rumpf?-)Familie werden ausgeblendet. Kaum kommt ihre Tochter zu Wort, historisches durfte sie anscheinend nicht preisgeben. Da hätte man sich einen mehr journalistisch orientierten Regisseur gewünscht.

18.02.2024

4

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