Verblendung Deutschland, Schweden, Grossbritannien, USA 2011 – 158min.

Filmkritik

Verblendung, die zweite

Patrick Heidmann
Filmkritik: Patrick Heidmann

Ein Remake? Einzig und allein Stieg Larssons Bestseller, das werden alle Beteiligten zu betonen nicht müde, diente als Vorlage für die amerikanische Version von Verblendung - und eben nicht die schwedische Verfilmung von 2009. Und doch kann sich der neue Film von David Fincher einem Vergleich nur schwer entziehen.

Über den Plot braucht man wohl nicht allzu viele Worte zu verlieren. Mikael Blomqvist (Daniel Craig), Enthüllungsjournalist beim Nachrichtenmagazin "Millenium", lässt sich vom so reichen wie alten Unternehmer Henrik Vanger (Christopher Plummer) engagieren, der im schwedischen Norden auch nach 40 Jahren die Hoffnung noch nicht aufgegeben hat, das Verschwinden seiner geliebten Nichte aufzuklären. Mühsam wühlt Blomqvist in kistenweise Unterlagen und den dunklen Geheimnissen der weit verzweigten Familie. Doch erst als er Unterstützung von der nicht gerade pflegeleichten Hackerin Lisbeth Salander (Rooney Mara) erhält, kommt langsam Licht ins Dunkel.

Der literarischen Vorlage bleibt Steven Zaillians Drehbuch im Großen und Ganzen treu. Einige Änderungen gibt es natürlich zu vermelden, sowohl nebensächliche als auch sehr entscheidende (aber größtenteils andere als in der schwedischen Filmversion). Daran sollte man sich allerdings nicht stören, wenn ein über 600 Seiten dicker Roman in ein anderes Medium übertragen wird, zumal hier mit Fincher ein Regisseur mit ausgeprägten Vorstellungen am Werk ist.

Überhaupt: Fincher. Das Talent dieses Mannes für packendes, abgründiges und düsteres Erzählen und für komplizierte, facettenreiche Charaktere kommt auch in seinem neunten Spielfilm zum Tragen. Dass er ein deutlich stärkerer Regisseur ist als sein Kollege Niels Arden Oplev und zudem ein deutlich höheres Budget zur Verfügung hatte, ist unübersehbar. Trotzdem kann er nicht verhindern, dass der Film im arg langen Epilog beinahe zerfasert. Und fast ein wenig ärgerlich: Wenn er sich schon dafür entscheidet, seine Darsteller mit Akzent sprechen lassen, sollen sie es konsequent tun. Vor allem Craig scheint sich von Szene zu Szene neu zu entscheiden, ob er mit Akzent spricht, und wenn ja, mit welchem.

Davon abgesehen liefert der Brite eine starke Leistung ab, genau wie der Rest des hochkarätigen Ensembles (u.a. Stellan Skarsgard, Robin Wright und Joely Richardson). Eine echte Entdeckung ist - wie schon im schwedischen Film - die Lisbeth-Darstellerin. Rooney Mara ist ein etwas anderer Typ als damals Noomi Rapace, doch die Bedingungslosigkeit, mit der sie sich der Rolle hingibt, hat eine geradezu magnetische Kraft. Dank ihr und Fincher wartet The Girl With the Dragon Tattoo mit vielen großartigen Momenten auf. Wer allerdings vor gar nicht allzu langer Zeit die erste Verfilmung gesehen hat (und womöglich den Roman gelesen hat), wartet auf Überraschungen und Spannung trotzdem meist vergebens.

16.01.2012

4

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Kommentare

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1234jopy

vor 9 Jahren

Das schwedische Original ist um Längen besser.


riexx75

vor 9 Jahren

heavy stuff!


oscon

vor 9 Jahren

Stimmungsvolle amerikanische Produktion des Bestsellers von Stieg Larsson mit Daniel Craig und Rooney Mara.
David Fincher erzeugt eine unheimliche Athmosphäre rund um die Gesichte der Industriellenfamilie Vanger.
Allerdings wird die Beziehung zwischen dem Investigations-Journalisten Michael Blomquist und der Hackerin Lisbeth Salander (zu) vertieft dargestellt, während diese in der schwedischen Originalproduktion treffender, da unterkühlter gezeichnet wurde.Mehr anzeigen


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